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Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs 1 Z 7 GSVG für Kleinunternehmer – Gesamteinkünfte aus sämtlichen unternehmerischen Tätigkeiten maßgeblich

MONIKAWEISSENSTEINER

Der Mitbeteiligte S P verfügt seit dem 6.5.2010 über eine Gewerbeberechtigung als Unternehmensberater und ist seit dem 1.1.2012 auch als Rechtsanwalt tätig. Er beantragte die Ausnahme von der Pflichtversicherung (als Unternehmensberater) in der KV und PV gem § 4 Abs 1 Z 7 GSVG auf Grund geringer Umsätze und Einkünfte; diese wurde vorläufig bewilligt. Nach Vorlage des Einkommenssteuerbescheids für 2012 teilte die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) jedoch mit, dass die Ausnahme von der Pflichtversicherung wegen der Überschreitung der Grenzbeträge weggefallen sei. S P brachte vor, diese Einkünfte als Rechtsanwalt erzielt zu haben, als Unternehmensberater habe er ein negatives Betriebsergebnis. Die SVA brachte dagegen vor, es komme auf die Umsätze und Einkünfte aus sämtlichen unternehmerischen Tätigkeiten an, sodass die Grenzbeträge überschritten seien. Mit Meldung vom 30.1.2014 erklärte der Mitbeteiligte die Gewerbeausübung als Unternehmensberater rückwirkend ab dem 31.7.2012 ruhend und beantragte eine bescheidmäßige Erledigung.

Mit Bescheid vom 20.6.2014 wurde die Pflichtversicherung vom 1.1. bis 31.7.2012 (Ruhendmeldung) festgestellt. Das BVwG gab der Beschwerde Folge und verneinte das Vorliegen der Pflichtversicherung mit der Begründung, dass nur die Einkünfte aus der Tätigkeit als Unternehmensberater relevant seien.376

Der VwGH hält die Revision der SVA für zulässig und berechtigt.

Was die Auslegung der Regelung „Umsätze aus sämtlichen unternehmerischen Tätigkeiten“ betrifft, so ist darunter – allein schon nach der klaren Wortbedeutung in Verbindung mit den grammatikalischen Regeln – zu verstehen, dass auf die Umsätze aus allen vom Antragsteller ausgeübten unternehmerischen Tätigkeiten – also vorliegend sowohl aus der gewerbeberechtigten Tätigkeit als Unternehmensberater als auch aus der Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt – abzustellen ist. Diese Auslegung wird auch durch die Gesetzesmaterialien gestützt. Es soll nicht auf einzelne Tätigkeiten oder Betriebe Bezug genommen werden, die Umsatzgrenze beziehe sich auf den einzelnen Unternehmer. Eine gegenteilige Auffassung lässt sich aus den ErläutRV zum Sozialrechts-Änderungsgesetz (SRÄG) 2010 nicht ableiten, wonach es sich bei der Einfügung der Wortfolge „aus sämtlichen unternehmerischen Tätigkeiten“ nur um eine redaktionelle Klarstellung handle, daraus lässt sich keine andere Interpretation ableiten. Auch der VfGH habe ausgeführt, dass keine gleichheitsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung bestehen (VfGH 12.6.2015, E 1128/2015). Bei der gebotenen Heranziehung der Umsätze bzw Einkünfte aus allen unternehmerischen Tätigkeiten des S P (als Unternehmensberater und als Rechtsanwalt) hat er die vorgesehenen Grenzbeträge überschritten, weshalb im genannten Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2012 die Pflichtversicherung festzustellen war.377