194Zur Urlaubsverjährung im Kündigungsanfechtungsverfahren
Zur Urlaubsverjährung im Kündigungsanfechtungsverfahren
Die Kl wurde von der Bekl zum 31.5.2011 gekündigt. Über Anfechtungsklage der Kl nach § 105 ArbVG wurde die Kündigung mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des ASG Wien vom 13.3.2015 für rechtsunwirksam erklärt. Davor war die Kl abermals zum 30.6.2014 gekündigt worden. Sie brachte hierauf eine Klage auf Feststellung ein, dass ihr Dienstverhältnis zur Bekl über den35530.6.2014 hinaus angedauert habe und focht auch diese Kündigung nach § 105 ArbVG an. Das diesbezügliche Verfahren ist beim ASG Wien im zweiten Rechtsgang anhängig. In diesem Verfahren wurde der Kl durch Teilurteil die von ihr begehrte Urlaubsersatzleistung für den Zeitraum von 1.6.2011 bis 30.6.2014 zuerkannt.
Der OGH wies die gegen das bestätigende Teilurteil des OLG Wien erhobene außerordentliche Revision der Bekl zurück. Er hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob der Urlaubsanspruch der Kl bereits verjährt war.
Die Klage auf Anfechtung einer Kündigung nach § 105 Abs 3 ArbVG ist eine Rechtsgestaltungsklage. Hat die Anfechtungsklage Erfolg, wird die Kündigung gem § 105 Abs 7 ArbVG rückwirkend für unwirksam erklärt. Bis dahin ist die Kündigung schwebend rechtswirksam. In der Zeit zwischen dem Ende der Kündigungsfrist und dem der Anfechtungsklage stattgebenden Urteil bestehen vorweg keine wechselseitigen Leistungs- und Entgeltpflichten, also aufgrund der Beendigung des Dienstverhältnisses auch kein Urlaubsanspruch des AN.
Der Urlaubsanspruch verjährt nach der besonderen Regelung des § 4 Abs 5 Satz 1 UrlG nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist. Der Beginn des Laufs der Verjährungsfrist setzt jedoch die objektive Möglichkeit der Geltendmachung des Anspruchs voraus. Der Standpunkt der Bekl, die Urlaubsansprüche der Kl seien teilweise verjährt, stehe im Übrigen auch in einem Spannungsverhältnis zu der Vorabentscheidung des EuGH vom 29.11.2017 in der Rs King, C-214/16. Beim Einwand der Verjährung ist in diesem Sinn daher zu berücksichtigen, dass das Hindernis, das rückständige Entgelt im Wege der Klage geltend zu machen, erst durch Stattgebung der Anfechtung nach § 105 ArbVG weggefallen ist.
Hier entstand (wenngleich rückwirkend) der Urlaubsanspruch – für den die Kl eine Ersatzleistung nach § 10 Abs 3 UrlG begehrt – erst mit dem rechtsgestaltenden Urteil vom 13.3.2015. Erst ab diesem Datum wäre der Kl die Geltendmachung des Urlaubsanspruchs objektiv möglich gewesen, wäre sie nicht bereits zuvor abermals (und wiederum zumindest vorläufig wirksam) ein zweites Mal gekündigt und ihr Dienstverhältnis hierdurch beendet worden. Der Urlaubsanspruch für die Zeit 1.6.2011 bis 30.6.2014 kann mangels Möglichkeit der Geltendmachung daher nicht (auch nicht teilweise) verjährt sein.