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Keine Sozialwidrigkeit einer Kündigung trotz Einkommenseinbuße von 21 % brutto, wenn keine Sorgepflichten bestehen und die Wohnsituation gesichert ist

MANFREDTINHOF

Eine im Jahr 1986 geborene AN hat ihre Kündigung wegen Sozialwidrigkeit angefochten. Das berufskundliche Gutachten ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die AN mit hoher Wahrscheinlichkeit binnen sechs Monaten eine Vollzeitbeschäftigung als Hilfskraft findet. Die zu erwartende Einkommenseinbuße beträgt 21 % brutto, das entspricht 16,5 % netto. Sowohl das Erst- als auch das Berufungsgericht haben das Vorliegen einer wesentlichen Interessenbeeinträchtigung und damit die Sozialwidrigkeit der Kündigung verneint.

Der OGH wies die außerordentliche Revision der AN zurück. Er hielt die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass der AN trotz der absehbaren Einkommenseinbuße von brutto 21 % bzw netto 16,5 % gegenüber dem von ihr zuletzt erzielten Entgelt noch keine derart erheblichen sozialen Nachteile entstünden, die über die normale Interessenbeeinträchtigung bei jeder Kündigung hinausgingen, für nach der Lage des Falls vertretbar. Die AN hat keine Sorgepflichten, ihre Wohnsituation ist durch den Ehemann abgesichert und ihre relativ geringen Lebenshaltungskosten finden auch im zu erwartenden reduzierten Einkommen bei weitem Deckung.

Dahingestellt bleiben kann laut OGH, ob die AN gegenüber ihrem Ehemann einen Anspruch auf Tragung der Wohnkosten hat. Maßgeblich ist, dass sie mit Kosten für die Wohnung tatsächlich nicht belastet ist, ob diese nun vom Ehegatten oder einem anderen Familienangehörigen getragen werden, sodass es zu keiner sachlichen Ungleichbehandlung verheirateter und in Lebensgemeinschaft stehender AN kommt.356