13Anspruch auf Zeitgutschrift nach den Kärntner Nachtschwerarbeitsregelungen auch für Rettungssanitäter
Anspruch auf Zeitgutschrift nach den Kärntner Nachtschwerarbeitsregelungen auch für Rettungssanitäter
Die Bekl (Land Kärnten) ist AG der im Klinikum * beschäftigten AN. Der Kl ist BR dieser AN. Im Krankentransportdienst dieses Klinikums sind sowohl Pflegeassistenten als auch Rettungssanitäter beschäftigt. Sie arbeiten sowohl bei Tag als auch bei Nacht, daher auch von 22:00 bis 6:00 Uhr. Obwohl Rettungssanitäter im Krankentransport dieselben unmittelbaren Betreuungs- und Behandlungsarbeiten für Patienten durchführen wie Pflegeassistenten, erhalten seit Juli 2018 im Falle der Verrichtung von Nachtschwerarbeit in der Zeit von 22:00 bis 6:00 Uhr nur die Pflegeassistenten – nicht jedoch die Rettungssanitäter – eine Zeitgutschrift von jeweils zwei Stunden nach den Vorschriften der Nachtschwerarbeitsgesetz-(NSchG-)Novelle 1992 iVm der VO des Landeshauptmannes (LH) von Kärnten vom 17.12.1993 betreffend „die Einbeziehung von Arbeitnehmern in den Geltungsbereich des Nachtschwerarbeitsgesetzes, Kärntner LGBl 1994/4“
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Mit Feststellungsklage gem § 54 Abs 1 ASGG begehrt der kl BR die Feststellung, dass die im Klinikum * im Krankentransportdienst beschäftigten Sanitäter, die in der Zeit zwischen 22:00 und 6:00 Uhr mindestens sechs Stunden unmittelbar Betreuungs- und Behandlungsarbeit für Patienten leisten, sofern nicht in diese Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Ausmaß Arbeitsbereitschaft fällt, Anspruch auf eine Zeitgutschrift von zwei Stunden haben. Intention des Verordnungsgebers sei es gewesen, alle AN (und nicht nur AN des „Krankenpflegedienstes“), die im Krankentransport tätig seien und unmittelbar Betreuungs- und Behandlungsarbeit für Patienten leisten, unter den sonstigen Voraussetzungen in die Nachtschwerarbeitsregelung einzubeziehen.
Nach Ansicht der Bekl sind nach dem für die Auslegung der VO primär relevanten Wortlaut nur AN des „Krankenpflegedienstes“ umfasst, nicht aber Rettungssanitäter. Diese Differenzierung sei auch sachlich gerechtfertigt, weil Pflegeassistenten nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) gegenüber Rettungssanitätern nach dem Sanitätsgesetz (SanG) 2002 über eine umfangreichere medizinische Ausbildung verfügten.
Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren des BR statt: Die Bestimmungen über Nachtschwerarbeit würden sich grundsätzlich auf AN ua in Krankenanstalten beziehen, die die in Art V § 2 NSchG-Novelle 1992 geregelte Nachtschwerarbeit leisten. 22
Der OGH bestätigte diese Rechtsansicht: Art V NSchG-Novelle 1992 sieht Schutzmaßnahmen für das Krankenpflegepersonal vor, das in den in dieser Bestimmung beschriebenen Krankenanstalten oder in Pflegestationen von Pflegeheimen beschäftigt ist und Nachtschwerarbeit leistet. Für jeden Nachtdienst gebührt diesem Krankenpflegepersonal ein Zeitguthaben im Ausmaß von zwei Stunden für Nachtdienste, die nach dem 31.12.1994 geleistet werden. Nachtschwerarbeit leistet ein AN, der in der Zeit zwischen 22:00 und 6:00 Uhr mindestens sechs Stunden in den in dieser Bestimmung aufgezählten Einrichtungen beschäftigt ist und während dieser Zeit unmittelbar Betreuungs- und Behandlungsarbeit für Patienten leistet, sofern nicht in diese Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Ausmaß Arbeitsbereitschaft fällt.
Damit sollte für physisch oder psychisch besonders belastende Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals in Krankenanstalten durch entsprechende Zeitgutschrift ein Ausgleich geschaffen werden. Eine Einschränkung auf eine bestimmte Personengruppe lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen, es kommt ausschließlich auf die Erfüllung der sachlichen Voraussetzungen durch den jeweiligen AN an.
Mit Art V § 2 Abs 5 NSchG-Novelle 1992 wurde die Möglichkeit geschaffen, auch AN, für die kein KollV wirksam ist und die in einem Dienstverhältnis zu einem Land, einem Gemeindeverband oder einer Gemeinde stehen (unter den in Art V § 2 Abs 2 NSchG-Novelle 1992 genannten Voraussetzungen), durch VO des Landeshauptmannes in den Geltungsbereich dieses Gesetzes einzubeziehen.
Der LH von Kärnten hat eine entsprechende VO, LGBl 1994/4, erlassen. Nach Ansicht des OGH lässt die Verordnungsermächtigung des Art V § 2 Abs 5 NSchG-Novelle 1992 keine Einschränkung dieses Gesetzes zu, sondern zielt auf eine Erweiterung ab (arg „einzubeziehen“). Kann der Verordnungsgeber also den Geltungsbereich des NSchG ausweiten, dann kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Verordnungsgeber durch die ausdrückliche Nennung auch des „Krankentransportdienstes“ (§ 1 Z 3 lit p LGBl 1994/4) das in dieser Einrichtung tätige Krankenpflegepersonal, sofern es die sachlichen Voraussetzungen des § 1 Z 3 erster Absatz LGBl 1994/4 erfüllt, in den Geltungsbereich des Art V § 2 Abs 2 NSchG-Novelle 1992 einbeziehen wollte.
Zusammengefasst gebühren daher bei der bekl Krankenanstalt den im Krankentransportdienst beschäftigten Sanitätern aufgrund ihrer unmittelbaren Betreuungs- und Behandlungsarbeit für Patienten in der Zeit zwischen 22:00 und 6:00 Uhr, sofern nicht in diese Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Ausmaß Arbeitsbereitschaft fällt, für jeden Nachtdienst ein Zeitguthaben im Ausmaß von zwei Stunden.