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Keine Vereitelungshandlung bei Änderung der im Stellenangebot geforderten Form der Bewerbung (Bewerbung per E-Mail statt persönlich) auf Vorschlag des Arbeitgebers

BIRGITSDOUTZ

Mit Bescheid vom 15.5.2018 sprach das Arbeitsmarktservice (AMS) aus, dass der Revisionswerber den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum 2.10. bis 23.10.2018 verloren hat. Dem Revisionswerber sei ein Stellenangebot übermittelt worden, in dem er ausdrücklich aufgefordert worden sei, sich im Unternehmen J GmbH persönlich zu bewerben. Indem der Revisionswerber die Bewerbung ausschließlich per E-Mail übermittelt habe, habe er damit das Zustandekommen der Beschäftigung vereitelt. In der dagegen eingebrachten Beschwerde wies der Revisionswerber darauf hin, dass er sich nur deshalb nicht persönlich, sondern mit E-Mail beim Unternehmen beworben habe, weil ihm dies vom potentiellen DG – bei dem er unmittelbar nach Erhalt des Stellenangebotes angerufen habe – so vorgeschlagen worden sei. Er habe daher nicht damit rechnen können, dass dieses Verhalten einer erfolgreichen Bewerbung abträglich sein könnte.

Das BVwG wies die Beschwerde als unbegründet ab und stellte fest, dass in dem vom AMS an den Revisionswerber übermittelten Stellenangebot eine persönliche Vorstellung gefordert wurde. Dadurch, dass die Bewerbung nicht in der geforderten Form erfolgte, habe der Revisionswerber das Zustandekommen einer vom AMS angebotenen, kollektivvertraglichen Beschäftigung kausal vereitelt. Weiters führt das BVwG aus, dass eine mündliche Verhandlung entfallen könne, da der festgestellte Sachverhalt unstrittig sei und lediglich Rechtsfragen zu lösen gewesen seien, sodass Art 6 EMRK einem Entfall der Verhandlung nicht entgegenstehe.

Der Revisionswerber brachte gegen dieses Erk eine außerordentliche Revision ein und begründete diese damit, dass das BVwG von der bisherigen Rsp des VwGH abgewichen sei, wonach im Fall widersprechender prozessrelevanter Behauptungen eine mündliche Verhandlung durchzuführen sei und eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Revisionswerbers erfolgen müsse. Der VwGH ließ die Revision zu und hob das Erk des BVwG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung iSd § 10 Abs 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des (zumutbaren) Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht aus.

Der VwGH hat iS dieser Judikatur eine Vereitelung etwa auch darin erkannt, dass ein Arbeitsloser die im Stellenangebot vom potentiellen DG geforderte Form der Bewerbung nicht eingehalten hat (VwGH 18.6.2014, 2012/08/0187). Im vorliegenden Fall wurde vom Revisionswerber jedoch vorgebracht, ihm sei vom potentiellen DG telefonisch vorgeschlagen worden, – anstelle der zunächst nach dem Stellenangebot vorgesehenen persönlichen Bewerbung – seine Bewerbungsunterlagen per E-Mail zu übermitteln. Träfe dies zu, könnte nicht – bzw jedenfalls nicht ohne Weiteres – davon ausgegangen werden, dass die Unterlassung der im Stellenangebot vorgesehenen persönlichen Bewerbung kausal für die Nichteinstellung gewesen sei bzw dem Revisionswerber eine vorsätzliche Vereitelung seiner Einstellung zur Last liege.

Unter Beachtung des vom Revisionswerber im Beschwerdeverfahren erstatteten Vorbringens wäre eine mündliche Verhandlung zur Klärung des Sachverhaltes erforderlich gewesen. Gem § 24 Abs 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) kann das Verwaltungsgericht (VwG) ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen. Es entspricht der Rsp des VwGH, dass es im Fall widersprechender prozessrelevanter Behauptungen zu den grundlegenden Pflichten des VwG gehört, dem auch in § 24 VwGVG verankerten Unmittelbarkeitsprinzip Rechnung zu tragen und sich als Gericht im Rahmen einer – bei der Geltendmachung von „civil rights“ (zu denen auch Leistungen aus der AlV zählen) in der Regel auch von Amts wegen durchzuführenden – mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit 32 von Zeugen bzw Parteien zu verschaffen und insb darauf seine Beweiswürdigung zu gründen. Im vorliegenden Fall wäre somit unter Beachtung des vom Revisionswerber im Beschwerdeverfahren erstatteten Vorbringens eine mündliche Verhandlung zur Klärung des Sachverhaltes erforderlich gewesen.