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Familienzeitbonus: Verspätetes Einlangen beim Versicherungsträger führt zu Anspruchsverlust

URSULAJANESCH

Die Tochter des Kl kam am 10.10.2018 auf die Welt. Am 4.1.2019 gab der Kl seinen Antrag auf Familienzeitbonus postalisch auf. Dieser wurde der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) am 10.1.2019 zugestellt. Sie wies den Antrag als verspätet ab.

Das Erstgericht gab der dagegen erhobenen Klage statt. Es war der Rechtsansicht, dass die Tage des Postlaufs für die Berechnung der Frist nicht erheblich seien. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl Folge und ließ die Revision nicht zu. Bei der in § 3 Abs 3 Satz 2 FamZeitbG normierten Frist von 91 Tagen handle es sich um eine materiell-rechtliche Frist, da ihr Versäumen mit dem Verlust eines Anspruchs einhergehe. Spätestens am 9.1.2019 hätte der Kl diese Frist daher versäumt. §§ 32 f AVG fänden nur auf prozessrechtliche Fristen Anwendung.

Der OGH wies die außerordentliche Revision des Kl mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurück.

Ob eine bestimmte Frist dem Verfahrensrecht oder dem materiellen Recht zuzuordnen ist, hängt nicht davon ab, in welcher Rechtsvorschrift sie angeordnet ist, sondern ob an ihre Einhaltung verfahrens- oder materiell-rechtliche Folgen geknüpft sind. Fristen des materiellen Rechts sind Zeiträume, an deren Beachtung das Gesetz bestimmte materielle Rechtsfolgen knüpft. Prozessrechtliche Fristen werden durch ein Verfahren ausgelöst oder laufen in einem solchen. Wird jedoch die Einleitung eines Verfahrens an eine Frist gebunden, ist jedenfalls von ihrer materiell-rechtlichen Natur auszugehen. Materiell-rechtliche Fristen müssen sich unzweifelhaft aus dem Gesetz ergeben; im Zweifel ist von einer verfahrensrechtlichen Frist auszugehen.

Die 91-tägige Frist, die § 3 Abs 3 Satz 2 FamZeitbG normiert, ist Voraussetzung für die Einleitung des Verfahrens. Mit ihrem Versäumen geht ex lege der Anspruch verloren. Auch aus den Gesetzesmaterialien zum FamZeitbG ergibt sich, dass der Antrag „am 91. Tag nach der Geburt beim Krankenversicherungsträger einlangen“ muss. § 8 FamZeitbG verweist zwar auf § 25a KBGG, dieser sieht die Anwendung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen des ASVG, GSVG, BSVG und B-KUVG aber nur dann vor, wenn das FamZeitbG nichts anderes bestimmt. Da § 3 Abs 3 FamZeitbG eine Frist normiert, ist § 360b ASVG (hier iVm § 129 B-KUVG) nicht anzuwenden.

Auch eine etwaige missverständliche Formulierung im Antragsformular („Der Antrag muss binnen 91 Tagen … per Post oder persönlich … beim zuständigen Krankenversicherungsträger eingebracht werden …“) ändert nichts an der gesetzlichen Qualifikation der Antragsfrist als materiell-rechtliche Frist und der damit verbundenen Verspätung des Antrags. Anträge an Sozialversicherungsträger sind zwar nach stRsp im „Geiste sozialer Rechtsanwendung“ (dh im Zweifel zugunsten des Versicherten) auszulegen, die Fiktion eines rechtzeitig gestellten Antrags kann daraus 42 aber nicht abgeleitet werden. Das Gesetz kennt auch kein Institut, welches den Versicherten vor versicherungsrechtlichen Nachteilen bewahrt, wenn ihm ohne sein Verschulden eine zeitgerechte Antragstellung nicht möglich war. Auch eine wegen Unkenntnis des Gesetzes verspätete Antragstellung wirkt auf keinen früheren Zeitpunkt zurück.