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Mangelnde Verfügbarkeit bei Vollzeitstudium

BIRGITSDOUTZ

Die Beschwerdeführerin, eine ausgebildete Buchhalterin und Bilanzbuchhalterin, stellte am 1.10.2020 einen Antrag auf Arbeitslosengeld. Sie absolviert ein Bachelorstudium und belegte für das Wintersemester 2020/2021 Lehrveranstaltungen im Ausmaß von insgesamt 38 ECTS-Punkten. Die insgesamt elf Lehrveranstaltungen fanden zu nachfolgenden Zeiten statt. Am Montag von 8:30 bis 11:45 Uhr (Fernlehre), am Dienstag von 10:15 bis 11:45 Uhr (Präsenz), am Mittwoch von 8:30 bis 15:15 Uhr (Präsenz), am Donnerstag von 12:00 bis 13:30 Uhr (Präsenz), am Freitag von 10:15 bis 17:00 Uhr (Präsenz) und fallweise am Samstag von 10:00 bis 13:15 Uhr (Präsenz). Unstrittig war, dass die Beschwerdeführerin die große Anwartschaft gem § 14 Abs 1 AlVG (12 Monate innerhalb der letzten 24 Monate) erfüllte und somit gem § 12 Abs 4 AlVG trotz Ausbildung in einem geregelten Lehrgang als arbeitslos galt.

Mit Bescheid vom 6.10.2020 wies das Arbeitsmarktservice (AMS) den Antrag der Beschwerdeführerin auf Arbeitslosengeld mit der Begründung, dass sie derzeit aufgrund ihres Bachelorstudiums und des übermittelten Stundenplans nicht zu den branchenüblichen Dienstzeiten einer Buchhalterin verfügbar sei, ab. In der dagegen eingebrachten Beschwerde führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie dem Arbeitsmarkt für das vorgeschriebene Ausmaß von zumindest 20 Wochenstunden zur Verfügung stehen würde. Der Montagskurs würde online aufgezeichnet werden, sodass sie montags ganztägig verfügbar, dienstags ab 12:30 Uhr und donnerstags bis 12:00 Uhr und dann wieder ab 13:00 Uhr aufgrund einer Onlinevorlesung. In einer späteren Stellungnahme wies die Beschwerdeführerin zu ihrer Verfügbarkeit zusätzlich noch einmal darauf hin, dass die Vorlesungen coronabedingt alle online stattfinden würden. Hin- und Rückfahrtwege zur Universität habe sie deshalb nicht einzuplanen. Sie würde ihr Studium reduzieren bzw anpassen, wenn sie eine feste Arbeitsstelle hätte. Sie würde auch eine Vollzeitanstellung annehmen, sie verwende das Arbeitslosengeld auch nicht zur Finanzierung ihrer Ausbildung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 4.1.2020 wies das AMS die Beschwerde ab, dies im Wesentlichen mit der Begründung, sie erfülle zwar die Voraussetzung der „großen Anwartschaft“, durch die intensive Inanspruchnahme durch das ausgeübte Bachelorstudium ergebe sich jedoch eine faktische Bindung, die erst beseitigt werden müsse, damit eine die Arbeitslosigkeit beendende Beschäftigung aufgenommen werden könne. Solange dies nicht geschehe, sei die Verfügbarkeit nicht gegeben. Der Umstand, dass derzeit coronabedingt Vorlesungen online abgehalten werden würden, könne nicht berücksichtigt werden, da der Ausbildungsplan des Studiums anderes vorsehe. Da die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Hochschulstudiums in Vollzeit nicht für eine Beschäftigung mit einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von 20 Stunden zur Verfügung stehe, sei die Anspruchsvoraussetzung des § 7 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 und 3 Z 1 AlVG für die Zuerkennung von Arbeitslosengeld nicht erfüllt.

Das BVwG wies die Beschwerde ab und bestätigt die Ansicht des AMS, dass hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten freien Kapazitäten üblicherweise am Arbeitsmarkt keine Beschäftigung angeboten wird. Aufgrund des vorgelegten Stundenplans ergeben sich nur wenige freie Kapazitäten für die Ausübung einer Tätigkeit. Darüber hinaus ist im Anlassfall auf eine übliche Arbeitszeitverteilung hinzuweisen; auch wenn der Stundenplan stundenweise Lücken aufweist, so stellen diese Freistunden keine Kapazitäten für eine mögliche Beschäftigung dar, weil Arbeitszeitmodelle für die Buchhaltung üblicherweise eine stundenweise Abwesenheit von der Tätigkeit nicht ermöglichen.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, coronabedingt würden alle Kurse online stattfinden und es würden sich deshalb keine Anfahrtswege ergeben, sei auszuführen, dass auch zur Arbeitsstelle Anfahrtswege einzurechnen sind, somit sei zeitgleich mit Ende der Lehrveranstaltung nicht auch die Verfügbarkeit gegeben, was die freien Kapazitäten nochmals verringere. Auch könne bei Beurteilung der freien Kapazitäten auf Spekulationen keine Rücksicht genommen werden. Aus diesem Grund ist es laut BVwG unerheblich, dass ein Kurs in einer Online-Lehrveranstaltung abgehalten wird, da davon auszugehen sei, dass der Kurs zu absolvieren ist, wenn es der Studienplan vorsehe. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, sie könne ihr Studium anpassen, wenn sie eine Arbeit gefunden habe, kann laut BVwG bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden. Das AMS habe zu überprüfen, ob die objektive Verfügbarkeit zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung über den Antrag gegeben ist und diesen Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

Im Ergebnis steht die Beschwerdeführerin nach Ansicht des BVwG durch die zeitliche Inanspruchnahme durch das laufende Studium für die Aufnahme einer Beschäftigung im gesetzlichen Mindestausmaß nicht zur Verfügung. Da die allgemeine Voraussetzung der objektiven Verfügbarkeit nicht gegeben ist, besteht kein Anspruch auf Leistungen aus der AlV und erfolgte die Abweisung des Antrags auf Arbeitslosengeld laut BVwG somit zu Recht. 471