10SWÖ-KollV: Aliquote Berechnung der Sonderzahlungen bei Wechsel von Vollzeit auf Bildungsteilzeit
SWÖ-KollV: Aliquote Berechnung der Sonderzahlungen bei Wechsel von Vollzeit auf Bildungsteilzeit
Im Zuge ihres Arbeitsverhältnisses nahm eine AN von 9.10.2017 bis 19.11.2019 Bildungsteilzeit mit 20 Wochenstunden in Anspruch. Im Juni 2017 hatte sie den Urlaubszuschuss noch auf Basis ihrer Vollbeschäftigung in vollem Umfang ausbezahlt erhalten. Aufgrund der Bildungsteilzeit wurde der Urlaubszuschuss seitens der AG aliquot in Höhe des „Überbezugs“ von € 245,61 rückverrechnet. Mit vorliegender Klage begehrte die AN diesen Betrag an restlichem Urlaubszuschuss für das Jahr 2017 unter Berufung auf § 26 Abs 3 des KollV der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ-KollV), wonach sich die Sonderzahlungen „bei Arbeitnehmerinnen mit unterschiedlichem Ausmaß der Arbeitszeit bzw des Entgeltes“ aus dem Durchschnittsentgelt der letzten drei Monate vor dem Fälligkeitstermin berechneten. Dies sei gegenüber dem von der AG relevierten § 11a Abs 4 AVRAG die günstigere Regelung.
Das Erstgericht wies das diesbezügliche Klagebegehren im Hinblick auf § 11a Abs 4 AVRAG ab. Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der AN nicht Folge. Der OGH hielt die Revision der AN zwar für zulässig, aber nicht für berechtigt.
Gem § 11a Abs 4 AVRAG gebühren den im Kalenderjahr teilweise in Bildungsteilzeit befindlichen AN Sonderzahlungen in dem der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung entsprechenden Ausmaß. Das Gesetz sieht für diesen Fall sohin eine Aliquotierung vor. Es entspricht auch der Rsp, dass bei Veränderungen des Arbeitszeitausmaßes während des Kalenderjahres Sonderzahlungen im Wege einer Mischbetrachtung zu aliquotieren sind, sofern der KollV keine andere Regelung trifft (OGH8 ObS 12/16xDRdA-infas 2017, 23).
Die Aliquotierung der Sonderzahlungen bei Änderungen des Beschäftigungsausmaßes ist zur Herstellung eines gerechten Ausgleichs der sozialen und wirtschaftlichen Interessen geboten, weil damit die Höhe der Sonderzahlungen vom tatsächlich verdienten Entgelt abhängig gemacht wird und nicht von einer möglicherweise bloß zufälligen Bezugsgröße zum Fälligkeitszeitpunkt.21
Wie vom Berufungsgericht ausgeführt, ergibt sich ein „unterschiedliches Ausmaß“ an Arbeitszeit iSd § 26 Abs 3 SWÖ-KollV typischerweise durch die Erbringung von Mehr- und Überstunden, sohin in Fällen schwankender Arbeitszeiten. Schwankungen der Arbeitszeit bzw des Entgelts können aber auch aus anderen Konstellationen resultieren (Schichtarbeiten, unregelmäßige Nachtdienste ua). Damit es zu keinen extremen Divergenzen zwischen dem üblicherweise gebührenden Monatsentgelt und dem 13. bzw 14. Monatsentgelt kommt und damit aufgrund der Anbindung an das Juni- bzw Novembergehalt zufällige Schwankungen ausgeglichen werden können, sieht § 26 Abs 3 SWÖ-KollV eine Berechnung vor, die sich am durchschnittlichen Entgelt der letzten drei Monate orientiert. Es geht in Abs 3 leg cit sohin um Konstellationen, in denen ein Durchrechnungszeitraum für eine sachgerechte Berücksichtigung unterschiedlicher Arbeitszeit- bzw Entgelthöhen erforderlich ist, um allfälligen Zufälligkeiten vor Fälligkeit der Sonderzahlung vorzubeugen.
Die AN wies im Jahr 2017 ein „unterschiedliches Ausmaß“ an Arbeitszeit auf, das keinen solchen Schwankungen unterlag. Für ihren Standpunkt wäre daher dann etwas zu gewinnen, wenn Abs 3 leg cit auch Fälle einer nachhaltigen Änderung des Beschäftigungsausmaßes wie hier infolge einer Bildungsteilzeit erfasst. Das trifft nach dem genannten Regelungsgehalt nicht zu:
Zum einen bedarf es im vorliegenden Fall für ein sachgerechtes Ergebnis keines „Schwankungsausgleichs“ für die angeführten Zeiträume. Eine derartige Konstellation liegt damit nicht im Normzweck. Im Hinblick auf das Günstigkeitsprinzip ist es aber auch nicht richtig, dass die Anwendung der gesetzlich vorgesehenen Aliquotierung iSd § 11a AVRAG im Verhältnis zu der von der AN favorisierten Auslegung des KollV ungünstiger wäre, weil ein Aliquotieren iSd § 11a AVRAG bei längerfristig herabgesetzter Arbeitszeit in der Folge auch zu einem höheren Sonderzahlungsanspruch eines AN als bei Durchschnittsberechnung des Entgelts der letzten drei Monate führen kann. Die Auslegung der AN wäre diesfalls von Nachteil für die Beschäftigten. In Anbetracht dessen kann auch den Kollektivvertragsparteien nicht zugesonnen werden, dass sie mit § 26 Abs 3 SWÖ-KollV den Fall einer nachhaltigen Änderung der Arbeitszeit infolge Bildungsteilzeit erfassen und kollektivvertraglich eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Bestimmung schaffen wollten. Die deshalb gebotene Auslegung des § 26 Abs 3 SWÖ-KollV dahin, dass die Berechnung der Sonderzahlungen beim Wechsel zwischen Voll- und Bildungsteilzeit nicht Regelungsgegenstand dieser Bestimmung ist, sondern der gesetzlichen Aliquotierungsregel des § 11a AVRAG unterliegt, stellt insgesamt auch am wirkungsvollsten einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen her.