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Versicherungspflicht von „atypischen stillen Gesellschaftern“ – faktisches Tätigwerden bzw gesonderte Vergütung für Geschäftsführung nicht erforderlich

ALEXANDERDE BRITO

Mit dem in Revision gezogenen Erk stellte das BVwG in Bestätigung eines Bescheides der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft fest, dass der Revisionswerber im Jahr 2013 der Pflichtversicherung in der KV und PV gem § 2 Abs 1 Z 4 GSVG unterlegen sei.

Im Jahre 2013 war der Revisionswerber „atypischer stiller Gesellschafter“ einer GmbH. Daraus wurde eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG abgeleitet, weil ihm im Vertrag über die Errichtung der „atypischen stillen Gesellschaft“ neben einer Beteiligung von 75 % an Gewinn und Verlust des Unternehmens Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt worden seien, die über die bloße Mitwirkung an außergewöhnlichen Geschäften hinausgingen. Aus diesen Tätigkeiten hatte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 105.460,53 im Jahr 2013 erzielt.

Der Revisionswerber brachte gegen die E des BVwG zunächst vor, es sei aus der Stellung des Revisionswerbers als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts keine Pflichtversicherung abzuleiten, da die Gesellschaft zu „rein kapitalistischen Zwecken“ gegründet worden sei und die „Geschäftsführungsbefugnisse und auch [die] Kontrollrechte“ an eine gemeinsame Vertreterin der Gesellschafter übertragen worden seien. Dies entspricht allerdings nach Ansicht des VwGH nicht dem festgestellten Sachverhalt. Von den Gesellschaftern wurde zwar eine GmbH zur gemeinsamen Vertreterin der Gesellschafter bestellt, im Gesellschaftsvertrag wurden aber die Befugnisse des Revisionswerbers zur Mitwirkung an der Geschäftsführung nicht abbedungen. Es entspricht der Rsp des VwGH, dass Gewinnanteile an Unternehmen, die auf Rechnung und Gefahr der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt werden, sofern sie die Versicherungsgrenze übersteigen, die Pflichtversicherung gem § 2 Abs 1 Z 4 GSVG begründen. Dabei kommt es nicht auf ein persönliches Tätigwerden der einzelnen Gesellschafter an, solange nur der Betrieb auf Rechnung und Gefahr jedes der Gesellschafter geführt wird.

Die Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG tritt nach Ansicht des VwGH auch dann ein, wenn ein stiller Gesellschafter – wie im vorliegenden Fall der Revisionswerber – für seine Tätigkeit als Geschäftsführer kein Einkommen bezogen hat. Dazu führt der VwGH aus, dass auch stille Gesellschafter der Sozialversicherungspflicht nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG unterliegen, wenn sie nicht bloß am Kapital der Gesellschaft beteiligt sind („atypische stille Gesellschafter“). Nach der zu Kommanditisten ergangenen Rechtsprechungen können Kommanditisten einer KG nach Maßgabe einer „aktiven Betätigung“ im Unternehmen, die auf Einkünfte gerichtet ist, pflichtversichert sein, nicht aber Kommanditisten, die nur „ihr Kapital arbeiten lassen“. Die Beantwortung der Frage, ob sich der Kommanditist in einer für § 2 Abs 1 Z 4 GSVG relevanten Weise „aktiv“ im Unternehmen betätigt, kann in rechtlicher Hinsicht nur vom Umfang seiner Geschäftsführungsbefugnisse, und zwar auf Grund rechtlicher und nicht bloß faktischer Gegebenheiten, abhängen. Wurden dem Kommanditisten entsprechende Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt, welche über die Mitwirkung an außergewöhnlichen Geschäften hinausgehen, oder steht ihm ein derartiger rechtlicher Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens zu, dann ist es unerheblich, in welcher Häufigkeit von diesen Befugnissen tatsächlich Gebrauch gemacht wird, sowie ob und in welcher Form sich der Kommanditist am „operativen Geschäft“ beteiligt oder im Unternehmen anwesend ist.

Dasselbe gilt laut VwGH sinngemäß für den stillen Gesellschafter. Nach der Rsp kommt es, wenn einem stillen Gesellschafter vertragliche Befugnisse zur Geschäftsführung eingeräumt wurden, aus denen sich im dargestellten Sinn eine „aktive Betätigung“ und damit eine selbständige Erwerbstätigkeit ergibt, für das Bestehen einer Pflichtversicherung nicht darauf an, ob dem die Geschäfte führenden stillen Gesellschafter abseits der Beteiligung am Gewinn des Unternehmens auch eine gesonderte Vergütung für seine Tätigkeit als Geschäftsführer gewährt wurde.

Die Revision war daher gem § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.