Resch/Wagner (Hrsg)Migration als soziale Praxis – Kämpfe um Autonomie und repressive Erfahrungen
Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2019, 258 Seiten, € 28,-
Resch/Wagner (Hrsg)Migration als soziale Praxis – Kämpfe um Autonomie und repressive Erfahrungen
Namhafte AutorInnen aus Wissenschaft und Praxis beleuchten in diesem Werk das viel diskutierte Themenfeld Migration aus der Sicht der Beschäftigten im Sozial- und Gesundheitswesen. Inhaltlich wird die Situation in Deutschland dargestellt; vieles lässt sich jedoch auch auf Österreich übertragen.
Im ersten Abschnitt wird die aktuelle europäische und internationale Migrationspolitik einer kritischen Analyse unterzogen. In weiterer Folge wird die positive Rolle der Kommunen (Städte und Gemeinden) in der täglichen Arbeit mit MigrantInnen und AsylwerberInnen hervorgestrichen. Trotz des eingeschränkten Spielraums wird deutlich, welch wichtige Rolle lokale AkteurInnen im Leben der Betroffenen spielen. Besonders lesenswert sind die Berichte über Diskriminierungen im Gesundheitswesen, die das Risiko (psychisch) zu erkranken, vervielfachen. Im Rahmen einer Studie wurden vier männliche, unbegleitete, minderjährige Asylwerber interviewt, die darüber erzählen, wie es sich anfühlt, in der neuen Heimat anzukommen und „nackt“ dazustehen. Bewundernswert zu lesen ist, wie sehr sich diese jungen Menschen bemühen, Zugang in den deutschen Arbeitsmarkt zu finden, aber auch mit welchen Herausforderungen und Ängsten sie tagtäglich zu kämpfen haben.
Ein Thema, das wie kein anderes für Ausbeutung von MigrantInnen steht, möchte ich besonders hervorheben: Die 24-Stunden-Betreuung von Pflegebedürftigen. In diesem Werk wird die Geschichte der „Live-in-Szene“ polnischer Pflegekräfte in Deutschland erzählt. Berichtet wird von Schwarzarbeit, Lohndumping, fehlender sozialer Absicherung, Missbrauch und unwürdigen Arbeitsbedingungen. Die Probleme der Betroffenen sind dieselben, wie sie auch in Öster72reich vorzufinden sind. So wie Österreich zeigt auch Deutschland offensichtlich kein Bestreben, die Ausbeutung von migrantischen Pflegekräften und Betreuerinnen (in den allermeisten Fällen handelt es sich um Frauen) zu beenden. Den Pflegenotstand auf dem Rücken von migrantischen Arbeitskräften zu lösen, steht jedenfalls im Gegensatz zum Prinzip europäischer Solidarität.
Lesenswert ist das Buch insb für PraktikerInnen aus dem einschlägigen Bereich sowie an Migration und Ausbeutung Interessierte.