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Kein individueller Kündigungsschutz nach Unterfertigung der Corona-Sozialpartnervereinbarung

KLAUSBACHHOFER

Aus dem Umstand, dass eine AN die Corona-Sozialpartner-Einzelvereinbarung mitunterfertigt hat und diese für die Konstellation des Fehlens eines Ausnahmefalls anordnet, dass AG-Kündigungen frühestens nach Ablauf der Behaltefrist ausgesprochen werden dürfen, ergibt sich nicht die Unwirksamkeit einer dennoch ausgesprochenen Kündigung.

Der Wortlaut der Sozialpartner-Einzelvereinbarung nennt keine Rechtsfolge für den Fall eines Verstoßes gegen deren Vorgaben. Daraus lässt sich die Unwirksamkeit einer dennoch ausgesprochenen Kündigung nicht ableiten. Weil der Wortlaut der vorliegenden Vereinbarung nicht zum Ausdruck bringt, dass die Verletzung der in Rede stehenden Pflicht die Rechtsunwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung nach sich zieht, muss davon ausgegangen werden, dass diese Rechtsfolge gerade nicht gewollt war.

SACHVERHALT

Die Kl war ab 28.7.2017 bei der Bekl beschäftigt. Zur Lösung von Beschäftigungsproblemen durch die COVID-Maßnahmen bestand bei der Bekl eine „Sozialpartnervereinbarung-Einzelvereinbarung“ über Begleitmaßnahmen während der Kurzarbeit, abgeschlossen zwischen den Körperschaften der AG und AN und der Bekl sowie sämtlichen ihrer AN, darunter die Kl.

Pkt IV.2. der Sozialpartnervereinbarung lautet auszugsweise:

„IV.2. Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes

a) Während der Kurzarbeit (Behaltepflicht):

Der/Die ArbeitgeberIn ist verpflichtet, jenen Beschäftigtenstand im Betrieb aufrecht zu erhalten, der unmittelbar vor Beginn des Kurzarbeitszeitraumes (Abschnitt I Punkt 3) bestanden hat, sofern nicht bereits vorher festgelegte Änderungen, welche gemäß lit c zulässig sind, berücksichtigt werden (Behaltepflicht).

[…]

b) Nach der Kurzarbeit (Behaltefrist):

Die Dauer der Behaltepflicht nach Ende der Kurzarbeit beträgt einen Monat.

[…]

c) Gemeinsame Bestimmungen:

Arbeitgeberkündigungen dürfen frühestens nach Ablauf der Behaltefrist ausgesprochen werden. Davon ausgenommen sind jedoch Kündigungen in den unten angeführten Fällen.

Folgende Beendigungen während der Kurzarbeit bzw innerhalb der Behaltefrist lösen keine Auffüllverpflichtung aus:

  • vor Beginn der Kurzarbeit gekündigte Arbeitsverhältnisse, deren Kündigungsfrist in den Zeitraum der Kurzarbeit oder Behaltefrist fallen,

  • Zeitablauf eines vor Beginn der Kurzarbeit begonnenen befristeten Arbeitsverhältnisses, dessen Endtermin in den Zeitraum der Kurzarbeit oder Behaltefrist fällt,

  • Kündigung durch den/die ArbeitnehmerIn,

  • berechtigte Entlassung oder unberechtigter Austritt,

  • einvernehmliche Auflösung, wenn der/die ArbeitnehmerIn vor Abgabe der Willenserklärung von der Gewerkschaft bzw Arbeiterkammer über die Folgen der Auflösung beraten wurde,

  • Beendigung infolge des Todes des Arbeitnehmers bzw der Arbeitnehmerin,

  • Beendigung aufgrund eines Pensionsanspruches, unabhängig von der Beendigungsart,

  • Auflösung während der Probezeit,

  • Kündigung durch den/die ArbeitgeberIn zum Zweck der Verringerung des Beschäftigtenstandes, wenn der Fortbestand des Unternehmens bzw. Betriebsstandortes in hohem Maß gefährdet ist, sofern die Gewerkschaft innerhalb von 7 Tagen zustimmt oder eine Ausnahmebewilligung durch den RGS-Regionalbeirat vorliegt, wenn die Gewerkschaft nicht zugestimmt hat.

Folgende Beendigungen während der Kurzarbeit bzw. innerhalb der Behaltefrist führen zu einer 11Auffüllverpflichtung:

  • Kündigung durch den/die ArbeitgeberIn aus personenbezogenen Gründen, wenn die Kündigung während der Kurzarbeit oder vor Ablauf der Behaltefrist ausgesprochen wird,

  • unberechtigte Entlassung oder berechtigter vorzeitiger Austritt,

  • einvernehmliche Auflösung ohne vorherige Beratung von der Gewerkschaft bzw. Arbeiterkammer über die Folgen der Auflösung.

Eine zufällige Unterschreitung des Beschäftigtenstandes aufgrund der üblichen betrieblichen Fluktuation ist unerheblich. Wird das Arbeitsverhältnis in einer Art beendet, die eine Auffüllverpflichtung auslöst, steht dem Arbeitgeber bzw der Arbeitgeberin eine angemessene Zeit zur Personalsuche zur Verfügung. Die Glaubhaftmachung von Suchaktivitäten ist ausreichend (beispielsweise Vorlage Stellenausschreibung, Nachweis der Meldung freier Stellen an das AMS).

[...]“

Die Kl befand sich von 1.4. bis 30.9.2020 in Kurzarbeit. Da sie ein etwas forscheres Auftreten hatte, beklagten sich einige (Außendienst-)Mitarbeiter seit geraumer Zeit darüber beim Geschäftsführer der Bekl. Dieser suchte seit Sommer 2020 im Einvernehmen mit ihrem Vorgesetzten nach einem Ersatz für die Kl. Mit Schreiben vom 18.9.2020 wurde die Kl unter Einhaltung der gesetzlichen und dienstvertraglichen Kündigungsfrist zum 2.10.2020 gekündigt. Bereits mit 1.10.2020 stellte der Geschäftsführer der Bekl einen neuen Mitarbeiter für den Arbeitsplatz der Kl ein. Dieser verrichtet nun die Tätigkeit, die die Kl bis zu ihrer Kündigung verrichtet hat.

VERFAHREN UND ENTSCHEIDUNG

Die Kl begehrt von der Bekl die Zahlung einer Kündigungsentschädigung für die Zeit von 3.10. bis 15.11.2020. Sie nimmt den Standpunkt ein, dass wegen der Behaltepflicht in der Corona-Kurzarbeit-Sozialpartnereinzelvereinbarung bis 30.9.2020 ein Kündigungsverbot bestanden und die Bekl durch die Kündigung gegen dasselbe verstoßen habe. Kündigungsgründe, die in ihrer Person begründet gewesen seien, habe es nicht gegeben.

Die Bekl wandte ein, dass die Kündigung nicht rechtsunwirksam gewesen sei, da die Sozialpartnervereinbarung kein Kündigungsverbot enthalte. Für die Kündigung der Kl habe es personenbezogene Gründe, die der Bekl ein Aufrechterhalten des Dienstverhältnisses unmöglich gemacht hätten, gegeben. Die Bekl habe den Mitarbeiterstand auch aufgefüllt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und vertrat den Standpunkt, dass durch gegen kurzarbeitsbedingte Kündigungsbeschränkungen verstoßende Kündigungen kein besonderer gesetzlicher Kündigungsschutz verletzt werde. Mangels eines – auch nicht durch die Sozialpartnereinzelvereinbarung begründeten – Schutzes individueller Arbeitsverhältnisse seien solche Kündigungen nicht unwirksam. Der einzelne AN könne im Fall einer vor Ablauf der Behaltefrist ausgesprochenen Kündigung keine Kündigungsentschädigung infolge fristwidriger Kündigung geltend machen. Verstoße ein AG gegen die Kündigungsbeschränkungen, müsse er, weil er gegenüber den Sozialpartnern gebunden sei, unter Umständen aber die Förderung zurückzahlen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und vertrat die Auffassung, eine an Wortlaut und Zweck der Sozialpartnereinzelvereinbarung orientierte Auslegung ergebe, dass selbst entgegen der Vorgaben der Sozialpartnereinzelvereinbarung ausgesprochene Kündigungen nicht nichtig und damit nicht rechtsunwirksam seien. Den einzelnen AN sollte kein subjektiver Anspruch auf Bestand ihrer Arbeitsverhältnisse eingeräumt werden. Der einzelne AN könne daher gegen eine vor Ablauf der Behaltefrist ausgesprochene Kündigung weder mit Feststellungsklage die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung noch – wie hier die Kl – eine Kündigungsentschädigung infolge einer fristwidrigen Kündigung geltend machen.

Der OGH gelangt wie bereits in 8 ObA 48/21y vom 22.10.2021, in dem es um einen AN ging, der selbst keine Corona-Kurzarbeitsvereinbarung abgeschlossen hatte, zu dem Ergebnis, dass auch im Fall einer Unterfertigung der Vereinbarung durch einen AN ein individueller Kündigungsschutz iS einer Unwirksamkeit bzw Nichtigkeit einer dennoch ausgesprochenen AG-Kündigung nicht abgeleitet werden kann und gab der Revision keine Folge.

ORIGINALZITATE AUS DER ENTSCHEIDUNG

(…)

[16] II.1. Nach welchen Grundsätzen (§§ 6, 7 oder §§ 914 f ABGB) eine „Sozialpartnervereinbarung – Einzelvereinbarung“ wie die hier vorliegende auszulegen ist, ist – ebenso wie die Rechtsnatur von der Einführung von Kurzarbeit dienenden Sozialpartnervereinbarungen überhaupt – noch nicht abschließend geklärt (vgl 9 ObA 208/01f; Schnorr, Rechtsfragen der Kurzarbeit,

[265]; Mazal, Rechtsfragen der Einführung von Kurzarbeit, ZAS 1988, 83 [87 f]; Mosing, COVID-19-Kurzarbeit, JAS 2020, 141 [146 ff]).

[17] Selbst wenn man aufgrund der Mitwirkung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei ihrem Abschluss von einer grundsätzlichen Anwendbarkeit der allgemeinen vertragsrechtlichen Auslegungsregeln der §§ 914 f ABGB ausgehen sollte, dürfte nicht übersehen werden, dass die Vereinbarung 12nach ihrem Konzept gerade nicht nur zwischen den Arbeitsvertragsparteien, sondern auch zwischen den Sozialpartnern abgeschlossen wird. Es liegt insoweit eine Art „Vierparteienvereinbarung“ vor (vgl im Übrigen dazu, dass bei Beteiligung von mehr als zwei Personen an einem Rechtsgeschäft bei dessen Auslegung auf diesen Umstand Bedacht zu nehmen ist,Rummel in Rummel/Lukas, ABGB4 § 914 Rz 4;Vonkilch in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 914 ABGB Rz 75, 314 f; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II – Das Rechtsgeschäft3 [1979] 304 f; Looschelders, GPR 2014, 268 [270 – Buchbesprechung ua von Zwanzger, Der mehrseitige Vertrag [2013]).

[18] II.2. Auszugehen ist jedenfalls vom Wortlaut der Vereinbarung. Dieser statuiert, dass Arbeitgeberkündigungen frühestens nach Ablauf der Behaltefrist ausgesprochen werden dürfen, nennt aber keine Rechtsfolge für den Fall eines Verstoßes gegen diese Vorgabe. Aus dem Wortlaut der Vereinbarung lässt sich die Unwirksamkeit einer dennoch ausgesprochenen Kündigung daher nicht ableiten.

[19] II.3. Dass mit einer Formulierung wie der hier vorliegenden eine solche individuelle Sanktion gerade nicht ausdrücklich ausgesprochen werde und es daher unklar sei, ob mit einer solchen Formulierung ein Schutz des individuellen Arbeitsverhältnisses verbunden ist, wurde bereits lange vor der Corona-Pandemie in der Literatur angemerkt (Drs, Kurzarbeit, DRdA 2010, 203 [209]). Dabei wurde auch darauf aufmerksam gemacht, dass die seinerzeit von der Gewerkschaft (auf Grundlage des § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG) erarbeitete Muster-Betriebsvereinbarung (abgedruckt bei Resch, Beschäftigungssicherung in der Wirtschaftskrise [2009] 193 ff) in Punkt 7. explizit die Rechtsunwirksamkeit einer vereinbarungswidrig ausgesprochenen Kündigung vorsieht. Sollte ein solcher individueller Schutz durch den auch durch die Gewerkschaft erfolgten Abschluss der hier vorliegenden Vereinbarung intendiert gewesen sein, wäre angesichts dessen eine ebensolche explizite Formulierung zu erwarten gewesen. Es waren nämlich die Sozialpartner (und nicht die Parteien dieses Prozesses als Arbeitgeber und Arbeitnehmer), die die vorliegende Vereinbarung inhaltlich ausverhandelten. Weil der Wortlaut der vorliegenden Vereinbarung anders als jener der Mustervereinbarung nicht zum Ausdruck bringt, dass die Verletzung der in Rede stehenden Pflicht die Rechtsunwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung nach sich zieht, muss davon ausgegangen werden, dass diese Rechtsfolge hier gerade nicht gewollt war, sodass auf die Frage der Vereinbarkeit eines solchen Beendigungsschutzes mit den Förderzielen nicht weiter einzugehen ist (8 ObA 48/21y). Ein Arbeitnehmer, der die Vereinbarung unterfertigt, muss sie im Zweifel so verstehen, wie sie auch die Interessenvertretung der Arbeitnehmerseite, die Gewerkschaft, die die Vereinbarung mit der Wirtschaftskammer (bzw dem zuständigen Arbeitgeberverband; siehe Seite 1 der Vereinbarung) ausverhandelte, redlicherweise nur verstehen konnte.

[20] II.4. Gegen die Annahme eines vereinbarten individuellen Kündigungsschutzes spricht weiters, dass die Formulierung „dürfen frühestens gekündigt werden“ sprachlich als Handlungsanleitung für Arbeitgeber formuliert ist (zB Jöbst/Wolf in Resch, Corona-HB1.06, Kap 4 Rz 142).

[21] II.5. Gleiches gilt für den – bereits in 8 ObA 48/21y erörterten – volkswirtschaftlichen Schutzzweck der Subventionierung von Kurzarbeit. Die vorliegende Vereinbarung dient – zumindest in erster Linie – bloß dessen Effektuierung (idS bereits Schedle, Kündigungen während der Kurzarbeit bzw innerhalb der Behaltefrist, ARD 6728/4/2020 [Pkt 6.3.]; Resch, Kurzarbeitshilfe und Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes, RdW 2021, 116 [120]).

[22] II.6. Gegen die Annahme einer individuellen Unwirksamkeit einer Kündigung bei einem Verstoß gegen den ersten Satz von Punkt IV.2.c der vorliegenden Vereinbarung spricht nicht zuletzt, dass die sonstigen Reglungen dieses Punktes nur die Frage betreffen, wann eine Auffüllpflicht besteht, somit eine Thematik, die für den einzelnen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis ein Ende fand, ohne Bedeutung ist.

[23] II.7. Nichts zu gewinnen ist für die klagende Arbeitnehmerin schließlich auch aus dem Satz auf Seite 1 der Vereinbarung, dass diese „eine Vereinbarung über Begleitmaßnahmen während der Kurzarbeit insbesondere gemäß § 881 ABGB (Verträge zu Gunsten Dritter) [darstellt]“. Die Bezugnahme auf § 881 ABGB ist unverständlich, geht doch die Vereinbarung davon aus, dass der Arbeitnehmer diese unterfertigt, wodurch er unmittelbar Partei derselben und nicht nur Dritter ist. Aber auch wenn ein Arbeitnehmer die Vereinbarung nicht unterfertigen sollte, kann aus ihr nicht im Wege des § 881 ABGB abgeleitet werden, dass eine gegen die Vereinbarung verstoßende Kündigung des Arbeitnehmers unwirksam wäre, ergibt sich doch aus den zuvor dargelegten Gründen diese Rechtsfolge nicht einmal für einen Arbeitnehmer, der selbst Partei der Vereinbarung wurde.

[…]

ERLÄUTERUNG

Der achte Senat des OGH knüpft mit diesem Judikat grundsätzlich an seine gerade ein Monat zuvor getroffene E zu 8 ObA 48/21y vom 22.10.2021 an (vgl dazu E3, Seite 7). Diese E wurde freilich von einem gar nicht unmittelbar selbst einer Corona-Kurzarbeitsvereinbarung unterliegenden AN angestrengt, der sich lediglich auf eine von Arbeitskollegen unterfertigte Sozialpartnereinzelvereinbarung berief. Aus diesem Grund erschien dieses Urteil noch nicht wegweisend für die Praxis zu sein, war ihm doch ein Ausnahmefall zugrunde gelegen. Eine allgemeine Tendenz gegen die Annahme eines individuell wirkenden Kündigungsverbots ließ sich aber bereits in der Urteilsbegründung zu 8 ObA 48/21y erkennen.13

Mit dem vorliegenden Urteil 8 ObA 50/21t äußert sich der Gerichtshof erstmals zum Fall eines AN, der selbst eine – von den Sozialpartnern vorformulierte – Corona-Kurzarbeits-Einzelvereinbarung (im Weiteren kurz SPV) mit dem AG abgeschlossen und diese unterfertigt hatte. Dieser Sachverhalt hätte dem OGH Gelegenheit gegeben, den von ihm zitierten Lehr- und Literaturstimmen, die stärker die vertragsrechtliche Komponente der Sozialpartnereinzelvereinbarung-Einzelvereinbarung gegenüber der beihilfen- bzw förderrechtlichen Betrachtung betonen, zu folgen. Er griff diese Argumente allerdings abermals nicht auf.

Primär stützt sich der OGH in seiner Urteilsbegründung darauf, dass dem Wortlaut der SPV die Unwirksamkeit einer gegen deren Vorgaben ausgesprochenen AG-Kündigung nicht zu entnehmen sei. Dabei verweist er auf eine Muster-BV-Vorlage zu Vereinbarung von Kurzarbeit der Gewerkschaft aus dem Jahr 2009, die explizit die Rechtsunwirksamkeit einer vereinbarungswidrig ausgesprochenen Kündigung vorsieht. Eine vergleichbare Formulierung fehlte in der streitgegenständlichen SPV. Sollte ein individueller Kündigungsschutz durch den durch die Gewerkschaft erfolgten Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung intendiert gewesen sein, hätte diese eine ebensolche Formulierung auch verwenden müssen. Dass der Wille der Sozialpartner auch für die zwischen AG und AN abgeschlossene Einzelvereinbarung maßgeblich ist, erklärt der OGH damit, dass die Sozialpartner die SPV nicht nur ausverhandelt hätten, sondern vielmehr selbst auch Vertragspartner der Einzelvereinbarung geworden sind, so dass letztlich die Corona-Kurzarbeitsvereinbarung als eine Art „Vierparteienvereinbarung“ zu qualifizieren sei. Darauf sei bei deren Auslegung Bedacht zu nehmen.

Die konkrete Formulierung der SPV war letztlich auch für den OGH ausschlaggebend, einen individuellen Kündigungsschutz abzulehnen: Die Wortfolge „dürfen frühestens gekündigt werden“ sei sprachlich nur als Handlungsanleitung für AG zu verstehen. Ein individueller Kündigungsschutz des einzelnen betroffenen AN sei daraus nicht abzuleiten und schließlich ergäbe sich die Verneinung einer individuellen Unwirksamkeit einer Kündigung auch daraus, dass sich die sonstigen Regelungen im Umfeld des Kündigungsverbots nur mit der Auffüllverpflichtung beschäftigen, was für die einzelnen AN aber wiederum nicht von Bedeutung sei.

Für die Praxis bedeute diese Entscheidung, dass sowohl eine Rechtsunwirksamkeit wie auch eine durch Kündigungsentschädigung aufzugreifende (bloße) individuelle Rechtswidrigkeit einer gegen die SPV verstoßenden AG-Kündigung nicht geltend gemacht werden kann.