9Nachträgliche Vereinbarung über Ausbildungskostenrückersatz rechtsunwirksam
Nachträgliche Vereinbarung über Ausbildungskostenrückersatz rechtsunwirksam
Der bekl AN nahm während seines vom 1.4.2017 bis 30.4.2019 aufrechten Dienstverhältnisses an verschiedenen Ausbildungskursen teil, deren Kosten die kl AG zahlte. Die schriftlichen Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen schlossen die Parteien erst nach Absolvierung der jeweiligen Ausbildung ab. Vor Absolvierung der Schulungen war der Bekl weder über die konkrete Höhe der jeweils damit verbundenen Kurskosten und sonstigen zurückzuerstattenden Kosten noch über die Modalitäten und Voraussetzungen eines etwaigen Rückersatzes oder dessen Höhe informiert. Das Dienstverhältnis endete durch Kündigung des Bekl.
Die Vorinstanzen wiesen das Begehren der Kl auf Ausbildungskostenrückersatz, bestehend aus den Kurskosten sowie der Gehaltsfortzahlung für die Dauer der Schulungen, ab. Der OGH wies die außerordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück.
Nach stRsp muss vor einer bestimmten Ausbildung eine schriftliche Vereinbarung zwischen AG und AN geschlossen werden, aus der auch die konkrete Höhe der zu ersetzenden Ausbildungskosten hervorgeht. Zweck des § 2d AVRAG ist für den/die AN, Transparenz über die Bedingungen für den Rückersatz der Ausbildungskosten zu schaffen. Ihm/Ihr soll ersichtlich sein, auf welche Verpflichtungen er/sie sich künftig einlässt, weil er/sie nur so die finanzielle Tragweite der Beendigung seines/ihres Arbeitsverhältnisses in jenem Zeitraum ermessen kann, für den eine Kostentragungspflicht vereinbart wurde.
Zwar normiert der Wortlaut des § 2d AVRAG nicht ausdrücklich einen Zeitpunkt bzw Zeitraum für den Abschluss der Vereinbarung. Dem Gesetzeszweck entsprechend sichert aber nur eine vor der Ausbildung abgeschlossene Vereinbarung dem/der AN eine selbstbestimmte Entscheidung, sich auf eine Ausbildung einzulassen, die unter bestimmten Umständen zu einem Ausbildungskostenrückersatz führen kann. Der/Die AN soll sich nicht erst nach absolvierter Ausbildung im aufrechten Arbeitsverhältnis mit der vom/von der AG zur Unterschrift vorgelegten Vereinbarung über die Rückforderbarkeit der bereits vom/von der AG getragenen Kosten und erfolgten Gehaltsfortzahlung konfrontiert sehen. Er/Sie kann dadurch unter Umständen in eine Drucksituation gelangen, die dem schützenswerten Interesse, sich frei und sachlich über die Teilnahme an einer Ausbildung entscheiden zu können, entgegen steht.