64

Betriebspension der Witwe eines Vorstandsmitglieds bei Insolvenz nicht gesichert

MARGITMADER

Der Ehegatte der Kl war vom 21.7.1961 bis 31.12.1995 als Vorstand und anschließend als Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft tätig. Mit Dienstvertrag vom 28.7.1987 wurde ihm ab dem Tag seiner Bestellung zum Vorstandsmitglied eine Betriebspension eingeräumt, die er ab 1997 bezog und die nach seinem Tod in Höhe von 50 % auf seine Witwe – die Kl – überging. Über das Vermögen der im Jahr 2007 in eine GmbH umgewandelten Kapitalgesellschaft wurde mit Beschluss vom 29.9.2020 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Die Vorinstanzen wiesen das Begehren der Kl auf Zahlung von Insolvenz-Entgelt für die Witwenpension übereinstimmend ab. Der OGH bestätigte diese Entscheidung mit folgender Begründung:

Bis zur Novelle BGBl I 2005/102BGBl I 2005/102 waren Mitglieder des Organs einer juristischen Person, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist, vom Anspruch auf Insolvenz-Entgelt generell ausgeschlossen. Ab 1.10.2005 wurde § 1 Abs 6 Z 2 IESG in Umsetzung der Änderungs-RL 2002/74/EG zur Insolvenz-RL 80/987/EWG (spätere Neukodifikation durch die RL 2008/94/EG) dahin geändert, dass nur mehr Gesellschafter, denen ein beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft zusteht, vom Anspruch auf Insolvenz-Ent154gelt ausgenommen sind. In der Entscheidung 8 ObS 3/14w vom 24.3.2014 wurde seitens des OGH klargestellt, dass der Vorstand einer Aktiengesellschaft auch nach der neuen Rechtslage nicht zum Kreis der nach § 1 Abs 1 IESG anspruchsberechtigten Personen gehört.

Die Argumentation der Kl zielt im Anlassfall darauf ab, dass ihr Ehemann schon seit rund 25 Jahren pensioniert gewesen sei und keinen Einfluss auf die Unternehmensführung (mehr) gehabt habe. Der dauernde Ausschluss eines pensionierten ehemaligen Vorstandsmitglieds sei mit den Wertungen des IESG und der Insolvenz-RL nicht vereinbar.

Zweck des IESG ist eine sozialversicherungsrechtliche Sicherung von Entgeltansprüchen sowie sonstigen aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden Ansprüchen von AN im Falle der Insolvenz ihres AG. Gesichert sind dabei nur jene Ansprüche, die ihren Entstehungsgrund letztlich im Arbeitsverhältnis haben. Bei einer Betriebspension handelt es sich um Entgelt aus dem Arbeitsverhältnis, das nach Maßgabe des § 3d IESG gesichert ist.

Der von der Kl geltend gemachte Betriebspensionsanspruch resultiert zur Gänze aus der Tätigkeit ihres Ehegatten als Vorstand einer Aktiengesellschaft. Eine Sicherung des Anspruchs nach dem IESG kommt hier von vornherein nicht in Betracht, weil der Entstehungsgrund nicht in einem vom IESG erfassten Rechtsverhältnis wurzelt. Auch aus der Insolvenz-RL 2008/94/EG lässt sich für den Standpunkt der Kl nichts ableiten, weil die RL nur (echte) AN schützt. Die Kl ging unter Berufung auf die OGH-Entscheidung vom 16.1.2008, 8 ObS 27/07i, davon aus, dass ihr Ehegatte ab seiner Pensionierung bzw zumindest ab seinem Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft als AN zu behandeln sei. Der Sachverhalt, der der genannten Entscheidung zu Grunde lag, weicht jedoch vom Anlassfall insoweit ab, als damals ein echtes Arbeitsverhältnis an eine Vorstandstätigkeit anschloss. Die außerordentliche Revision der Kl wurde somit mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.