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Abfertigungsberechnung auf Basis des durchschnittlichen Beschäftigungsausmaßes gemäß Stmk L-DBR

RICHARDHALWAX
§ 298 Stmk L-DBR
OGH 17.12.2021, 8 ObA 17/21i

Die Kl war vom 28.7.1975 bis 31.8.2019 als Vertragsbedienstete bei der Bekl beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis waren die Bestimmungen des Dienst- und Besoldungsrechts der Bediensteten des Landes Steiermark (Stmk L-DBR) anzuwenden.

Die Kl war vom 28.7.1975 bis 30.11.1993 (6.701 Tage) und vom 1.7.2005 bis 31.8.2019 (5.175 Tage) in Vollzeit beschäftigt. Vom 1.12.1993 bis 31.3.2004 (3.774 Tage) war sie mit 50 % und vom 1.4.2004 bis 30.6.2005 (456 Tage), mit 75 % der Vollarbeitszeit teilbeschäftigt.

Das Dienstverhältnis der Kl wurde gemäß § 130 Abs 2 Z 9 Stmk L-DBR nach Erreichen des 65. Lebensjahres aufgelöst. In Anwendung des § 298 Abs 10 Stmk L-DBR wurde ihr auf Grundlage einer 25 Jahre übersteigenden Dienstzeit und eines über deren Gesamtdauer ermittelten durchschnittlichen Beschäftigungsausmaßes von 87,58 % eine Abfertigung in Höhe des Zwölffachen von 87,58 % des ihr für den letzten Monat gebührenden vollen Monatsentgelts bezahlt.

Die Kl begehrt die Zahlung der Differenz zu einer auf Basis von 100 % des Letztentgelts berechneten Abfertigung. Sie habe insgesamt mehr als 25 Jahre ihrer gesamten Dienstzeit mit vollem Beschäftigungsausmaß gearbeitet und daher für diese Zeit einen Anspruch auf ungekürzte Abfertigung erworben. Eine Teilbeschäftigung während der darüberhinausgehenden, nicht abferti160gungswirksamen Dienstzeit könne nicht zur Kürzung der Abfertigung führen. Die angewandte Berechnungsmethode sei gleichheitswidrig und diskriminiere vorübergehend Teilbeschäftigte, bei denen es sich notorisch überwiegend um Frauen handle.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Kl Folge und sprach ihr in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Klagsbetrag zu. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage bestehe, ob der pro-rata-temporis-Grundsatz dennoch auch in solchen Fällen zur Anwendung gelangen müsse. Die auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision war laut OGH zulässig und auch berechtigt.

Rechtsgrundlage des strittigen Anspruchs ist die für Vertragsbedienstete, deren Dienstverhältnis vor dem 1.1.2003 begonnen hat, geltende Übergangsbestimmung des § 298 Stmk L-DBR. Danach gebührt unter näher aufgezählten Bedingungen, darunter (Abs 6) bei Kündigung durch eine Vertragsbedienstete nach mindestens zehnjähriger Dienstzeit und nach Vollendung des 60. Lebensjahres, eine Abfertigung. Diese beträgt nach § 298 Abs 10 Stmk L-DBR „nach einer Dauer des Dienstverhältnisses von (...) 25 Jahren das Zwölffache des dem/der Vertragsbediensteten für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsentgeltes. Fallen in die Gesamtdienstzeit Zeiten, in denen das Beschäftigungsausmaß herabgesetzt war, ist für die Berechnung der Abfertigung jenes Monatsentgelt heranzuziehen, das sich aus dem aufgrund der in Voll- und Teilbeschäftigung zurückgelegten Dienstzeit ergebenden durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß auf der Grundlage des einem/einer vollbeschäftigten Vertragsbediensteten im letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsentgelts und des Kinderzuschusses errechnet. (...).“

Nach § 4 Z 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der RL 97/81/EG („Grundsatz der Nichtdiskriminierung“) dürfen Teilzeitbeschäftigte in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.

Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Abfertigung für Teilbeschäftigte nach § 298 Abs 10 Stmk L-DBR ändert sich die Höhe des zu multiplizierenden Letztbezugs mit dem Ausmaß der Durchschnittsarbeitszeit des Dienstnehmers während des gesamten Dienstverhältnisses.

Der EuGH hat wiederholt ausgesprochen, dass das Unionsrecht im Fall der Teilbeschäftigung einer Berechnung von Entgeltbestandteilen nach dem Pro-rata-temporis-Grundsatz nicht entgegensteht, wenn die Berücksichtigung einer im Verhältnis zum vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer reduzierten Arbeitszeit ein objektives Kriterium darstellt, das eine proportionale Kürzung der Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer erlaubt (vgl EuGH C-4/02, C-5/02, Schönheit und Becker, ECLI:EU:C:2003:583, Rn 90, 91 [Ruhegehalt]; EuGH C-486/08, Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols, ECLI:EU:C:2010:215, Rn 33 [Jahresurlaub]; EuGH C-476/12, ÖGB, ECLI:EU:C:2014:2332, Rn 24 [Kinderzulage]).

Eine mit der Anordnung des § 298 Abs 10 Stmk L-DBR vergleichbare Durchrechnung sieht auch § 22 Abs 1 VBG 1948 für die Jubiläumszuwendung teilbeschäftigter Vertragsbediensteter vor. Diese ist nach jenem Teil des seiner Einstufung entsprechenden Monatsentgeltes zu bemessen, der seinem durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß in seinem bisherigen Dienstverhältnis entspricht.

Der Gesetzgeber ist bei diesen Regelungen offenkundig davon ausgegangen, dass mit der Anordnung einer Durchrechnung ein für die DN zwar nicht in jedem Einzelfall günstigeres, aber insgesamt sachgerechteres Ergebnis erzielt wird. Eine Durchrechnungsbestimmung verhindert, dass sich eine Teilzeitperiode je nach ihrer zeitlichen Lagerung innerhalb des Dienstverhältnisses überproportional mindernd oder erhöhend auf einen Anspruch auswirken kann.

Bei der Ermittlung der Höhe der Bemessungsgrundlage werden teilbeschäftigte Bedienstete durch die Berücksichtigung des Arbeitszeitausmaßes pro rata temporis gegenüber durchgehend Vollbeschäftigten nicht unsachlich benachteiligt. Eine jahrelang teilbeschäftigte Vertragsbedienstete wie die Kl hat im Rahmen des arbeitsvertraglichen Synallagmas über die Gesamtdienstzeit weniger in die Waagschale zu werfen als die durchgehend vollzeitbeschäftigten Vertragsbediensteten. Hätte sie, wie es ihrem und dem Standpunkt des Berufungsgerichts entspricht, dessen ungeachtet einen nicht aliquotierten Abfertigungsanspruch, wäre sie den dauernd vollbeschäftigten Vertragsbediensteten nicht gleichgestellt, sondern bevorzugt. Durch die argumentative Vermengung der unterschiedlichen Voraussetzungen für Multiplikator und Bemessungsgrundlage wird dieses Ungleichgewicht nur verschleiert.161