77Kein vollständiger Kostenersatz für nicht in der Honorarordnung enthaltenes 24-Stunden-Blutdruckmonitoring
Kein vollständiger Kostenersatz für nicht in der Honorarordnung enthaltenes 24-Stunden-Blutdruckmonitoring
Die Kl hat bei einem Vertragsarzt der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK, in der Folge: „Bekl“) in Niederösterreich ein (medizinisch zweckmäßiges und notwendiges) 24-Stunden-Blutdruckmonitoring durchgeführt und dem Vertragsarzt dafür ein Honorar von € 50,- bezahlt.
Die Kl beantragte bei der Bekl die Erstattung der Kosten des Blutdruckmonitorings; die Bekl erstattete der Kl lediglich Kosten in der Höhe von € 19,74 und wies den Antrag auf Erstattung eines höheren Kostenbetrags mit Bescheid ab. Dagegen erhob die Kl Klage an das Arbeits- und Sozialgericht und – nach negativer Entscheidung – Berufung an das OLG Wien.
Das 24-Stunden-Blutdruckmonitoring war in die Honorarordnung des Ärzte-Gesamtvertrages für Niederösterreich nicht aufgenommen worden. In der Honorarordnung des Gesamtvertrages für Oberösterreich war das 24-Stunden-Blutdruckmonitoring enthalten; für diese Leistung stand bei Inanspruchnahme von Wahlärzten gemäß Satzung der (damaligen) Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse ein Kostenersatz lediglich in der Höhe von € 19,74 zu.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren mit der Begründung ab, dass § 131b ASVG analog anzuwenden sei, wenn im maßgeblichen Gesamtvertrag eine ärztliche Leistung nicht erfasst sei.168
Der OGH wies die außerordentliche Revision der Kl zurück.
Der OGH führte dazu unter Verweis auf die bereits vom Berufungsgericht zitierte E 10 ObS 72/05v SSV-NF 19/54 betreffend Kostenerstattung für eine 24-Stunden-Blutdruckmessung aus, dass sich Kostenerstattungen für Leistungen, hinsichtlich derer ein Tarif im Gesamtvertrag nicht vorgesehen sei, an für vergleichbare Pflichtleistungen festgelegten Tarifen zu orientieren haben. Welche tariflich erfasste Pflichtleistung mit der im konkreten Fall erfolgten Behandlung oder Untersuchung vergleichbar ist, könne nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Dabei könne es einerseits auf die Art der Leistungen an sich, also auf ihre Methode und ihren Zweck, andererseits aber auch auf den im Einzelfall erforderlichen Sach- und Personalaufwand ankommen.
Das Argument der Kl, dass eine Kostenerstattung nach § 133 ASVG zu erfolgen habe und § 131b ASVG keine lex specialis zu dieser Bestimmung darstelle, treffe nicht zu, da § 133 Abs 2 ASVG keinen Kostenersatzanspruch normiere. Nach § 133 Abs 2 ASVG werden die Leistungen der Krankenbehandlung vielmehr grundsätzlich als Sachleistung erbracht. An die Stelle von Sachleistungen tretende Geldleistungen des Krankenversicherungsträgers („Kostenerstattung“) sollen im Bereich der Krankenbehandlung die Ausnahme bilden. Aus der vom Revisionswerber für seinen Standpunkt ins Treffen geführten OGH-E 10 ObS 166/9410 ObS 166/94 vom 28.11.1995 ergibt sich nichts anderes: Der gesetzlich verankerte Krankenbehandlungsanspruch des Versicherten darf durch die Unvollständigkeit ärztlicher Gesamtverträge weder eingeschränkt noch beseitigt werden. Ein Vertragsarzt darf zwar auf Rechnung des Krankenversicherungsträgers nur Leistungen erbringen, auf die der Versicherte Anspruch gegenüber der ÖGK besitzt. Ein Versicherter darf einen Vertragsarzt jedoch auch privat in Anspruch nehmen und hat Anspruch auf spätere Kostenerstattung, wenn es sich – wie hier – um notwendige Leistungen handelt.
Weitere Argumente gegen die Berechnung und Höhe der Kostenerstattung im konkreten Fall habe die Kl nicht ins Treffen geführt. Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die Revision daher zurückzuweisen.