56Arbeitgeber hat dem Abfertigungsanspruch hinderliche Arbeitnehmerkündigung zu beweisen
Arbeitgeber hat dem Abfertigungsanspruch hinderliche Arbeitnehmerkündigung zu beweisen
Der Kl war seit 1999 bei der Rechtsvorgängerin der Bekl und seit einem Betriebsübergang 2011 bei der Bekl als KFZ-Spengler beschäftigt. Im Frühjahr 2019 teilte er dem Geschäftsführer der Bekl mit, dass er sich beruflich verändern wolle. Man kam überein, dass der Kl so lange im Betrieb bleiben werde, bis er etwas anderes gefunden habe. Am 6.12.2019 teilte der Kl dem Geschäftsführer mit, dass er die Bekl mit Ende des Jahres 2019 verlassen möchte. Daraufhin berechnete der Geschäftsführer die dem Kl noch zustehenden Urlaubstage und Zeitguthaben. Beide waren damit einverstanden, „dass der letzte Arbeitstag des Klägers der 17.12.2019 ist und das Arbeitsverhältnis am 7.1.2020 enden sollte“. Weder wurde über eine Kündigungsfrist noch über eine freiwillige Abgangsentschädigung gesprochen. In Bezug auf die Abfertigung meinte der Geschäftsführer der Bekl gegenüber dem Kl, er könne sich vorstellen, für die acht Jahre seit 2012, die er den Betrieb innegehabt habe, etwas zu zahlen. Er übergab dem Kl bei dieser Gelegenheit ua eine Unterlage mit allgemeinen Informationen zum Abfertigungsanspruch, auf der handschriftlich „ca 15000 €“ festgehalten waren. Dazu erklärte der Geschäftsführer, „dass das die Abfertigungsansprüche für die acht Jahre wären“, die der Kl für ihn gearbeitet habe. Später legte der Kl dem Geschäftsführer der Bekl einen Entwurf über eine einvernehmliche Auflösung vor, die dieser aber wegen der Abfertigung nicht unterschreiben wollte. Erst am 17.1.2020 forderte der Geschäftsführer den Kl auf, eine AN-Kündigung zu unterfertigen, was der Kl jedoch ablehnte.
Unter Hinweis auf die im Einvernehmen erzielte Auflösung des Arbeitsverhältnisses begehrte der Kl die gesetzliche Abfertigung in Höhe von neun Monatsentgelten. Die Bekl beantragte die Abweisung der Klage, weil nie eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses vereinbart worden sei, sondern der Kl die Kündigung ausgesprochen und somit keinen Anspruch auf die Abfertigung habe.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, da eine abfertigungsfeindliche Beendigung nicht nachgewiesen sei, weshalb dem Kl die Abfertigung in voller Höhe zustehe. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl Folge und wies das Klagebegehren ab. Es sei davon auszugehen, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses über Wunsch des Kl erfolgt sei. Eine einvernehmliche Lösung wäre nur anzunehmen, wenn der Geschäftsführer der Bekl in irgendeiner objektiv nachvollziehbaren Art und Weise zu einer vom Kl geforderten einvernehmlichen Beendigung sein Einverständnis erklärt hätte, was aber nicht der Fall gewesen sei. Der OGH hielt die außerordentliche Revision des Kl für zulässig und auch für berechtigt.
§ 23 Abs 7 AngG legt fest, dass kein Abfertigungsanspruch zusteht, wenn der Angestellte kündigt, dies vorbehaltlich der Regelung des § 23a AngG, wenn er ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt oder wenn ihn ein Verschulden an der vorzeitigen Entlassung trifft. Ist die Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses strittig, liegt es am AG, die Ausschlussgründe zu beweisen. Der AN hat nur die Auflösung des Dienstverhältnisses sowie die für seinen Abfertigungsanspruch erforderliche Dauer der Anwartschaft zu behaupten und zu beweisen. Hat jedoch der AN einseitig die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt, ist er für die Zustimmung des AG iS einer einvernehmlichen Auflösung beweispflichtig.
Nach den Feststellungen wollte nicht nur der Kl eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Das Erstgericht hat festgestellt, „dass sowohl der Kläger als auch … [der Geschäftsführer der Bekl] von einer einvernehmlichen Beendigung ausgegangen sind“. Damit in Einklang steht seine Ausführung in der rechtlichen Beurteilung, dass der Geschäftsführer die Erklärung des Kl, die Bekl mit Ende des Jahres 2019 verlassen zu wollen, zum Zeitpunkt ihres Ausspruchs weder als Kündigung verstehen konnte noch verstanden hat. Demnach spricht viel dafür, dass der Geschäftsführer der Bekl den Willen des Kl, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich (und nicht unabhängig von allfälligen Willensäußerungen von Beklagtenseite) aufzulösen, erkannt und diesem zugestimmt hat. Ob die Auflösung des Dienstverhältnisses im Einvernehmen erfolgte, kann aber letztlich dahingestellt bleiben. Die Bekl vermochte bei dieser Sachlage jedenfalls keine – dem Abfertigungsanspruch hinderliche – AN-Kündigung unter Beweis zu stellen, wozu sie aber verhalten gewesen wäre. Eine einseitige Beendigungserklärung des Kl liegt hier nicht vor. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht im Ergebnis dem AN die Behauptungs- und Beweislast für eine nicht abfertigungsschädliche Beendigungsart, konkret für die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses, auferlegt.145