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Absonderung wegen COVID-19 – Ersatzanspruch auch bei Vertragsbediensteten nach EFZG zu bemessen

ANDREASWELLENZOHN

Zwischen der Kl und der Bekl besteht ein Dienstverhältnis, das dem NÖ Landesvertragsbedienstetengesetz (NÖ LVBG) unterliegt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft wurde die Kl in Folge eines im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit in einem Krankenhaus erfolgten Kontakts mit einem an COVID-19 erkrankten Patienten abgesondert. Die Bekl stellte für diesen Zeitraum die Zahlung der Erschwernis-, Infektions- und Strahlengefährdungszulage in Höhe von insgesamt € 147,42 brutto ein. Die Kl begehrte die Auszahlung dieses Betrags. Sie habe aufgrund des Absonderungsbescheids gem § 32 Abs 3 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) Anspruch auf Fortzahlung des regelmäßigen Entgelts iSd Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG). Dieses umfasse auch die vorenthaltenen Zulagen.

Die Bekl wandte ein, die Zulagen seien nicht Bestandteile des regelmäßigen Entgelts. Im Vertragsbedienstetenrecht gelte – anders als nach dem EFZG – ein eingeschränkter Entgeltbegriff.

Das Erstgericht folgte dem Standpunkt der Bekl und wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Kl Folge und änderte das angefochtene Urteil iS einer Klagsstattgabe ab. Die Höhe des Anspruchs aus § 32 Abs 3 EpiG sei nach dem regelmäßigen Entgelt iSd EFZG zu bemessen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil es noch an Rsp des OGH fehle.

In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Bekl die Abänderung des Berufungsurteils iS einer Klagsabweisung.

Der OGH erachtete diese für zulässig, jedoch nicht für berechtigt und führte aus:

§ 40 Abs 1 NÖ LVBG („Ansprüche bei Dienstverhinderung“) sieht für den Fall, dass der Vertragsbedienstete nach Antritt des Dienstes durch Unfall oder frühestens 14 Tage nach Dienstantritt durch Krankheit an der Dienstleistung verhindert ist, einen Anspruch auf das Monatsentgelt und bestimmte Zulagen vor, nicht aber die von der Kl begehrten Zulagen. Dass es sich hierbei um eine taxative Aufzählung handelt, ist nicht weiter strittig. Die Regelung bezieht sich nur auf den Fall einer Dienstverhinderung durch Unfall oder Krankheit, nicht aber andere Dienstverhinderungsgründe wie eine behördlich angeordnete Absonderung iSd EpiG, auf die sich die Kl stützt.

Für diesen Fall enthält § 32 EpiG folgende Regelung:

„§ 32. (1) Natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes ist wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit

1. sie gemäß §§ 7 oder 17 abgesondert worden sind … und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist. …

(3) Die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl. Nr. 399/1974, zu bemessen. Die AG haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. …“

Dem EpiG ist demnach klar zu entnehmen, dass die Bemessung des für jeden Tag der Absonderung zu leistenden Vergütungsbetrags nach dem regelmäßigen Entgelt iSd EFZG vorzunehmen ist.

Wie schon vom Berufungsgericht zutreffend dargelegt, handelt es sich beim Anspruch nach § 32 EpiG nicht um Entgelt, sondern um eine auf einem öffentlich-rechtlichen Titel beruhende Entschädigung des Bundes, für die der AG in Vorlage tritt. Mit dem Verweis auf das EFZG wird insofern kein Entgeltanspruch ieS geschaffen, sondern nur eine 151Regelung für die Bemessung der Höhe der Entschädigung für epidemiebedingte Absonderungszeiten und dergleichen getroffen. Davon werden auch Arbeitsverhältnisse zum Bund, zu einem Land, einem Gemeindeverband, einer Gemeinde ua erfasst, die sonst vom Geltungsbereich des EFZG ausgenommen sind (§ 1 Abs 2 bis 4 EFZG). Es geht in § 32 EpiG also nicht darum, dass die Entschädigungszahlungen demselben Personenkreis zu gewähren sind, der in den Anwendungsbereich des EFZG fällt, sondern darum, eine Vorgabe für die Bemessung der Entschädigung der von § 32 EpiG erfassten Personen zu machen, von denen auch Vertragsbedienstete nicht ausgenommen sind.

Hätte der Gesetzgeber die Unanwendbarkeit des § 32 EpiG auf Dienstverhältnisse von Vertragsbediensteten erzielen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass die Geltung des EFZG für die Bemessung der Verdienstentgangsvergütung nicht im Wege eines pauschalen Verweises erfolgt wäre, sondern der öffentliche Dienst davon ausgenommen worden wäre. Zugleich wäre angesichts des Bestrebens nach einer Entschädigung für alle natürlichen Personen zu erwarten gewesen, dass für den öffentlichen Dienst eine andere Regelung für den Verdienstentgang infolge der im EpiG aufgezählten behördlichen Maßnahmen (und nicht nur, wie in § 40 NÖ LVBG, infolge Unfall oder Krankheit) getroffen worden wäre. Dass dies für ihre Landesvertragsbediensteten der Fall gewesen wäre, behauptet die Bekl nicht. Die Entschädigungsleistung nach § 32 EpiG ist daher auch im vorliegenden Fall nach dem EFZG zu bemessen.

Das regelmäßige Entgelt iSd EFZG ist nach dem Ausfallprinzip zu bemessen und daher jenes Entgelt, das dem AN gebührt hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung eingetreten wäre. Der als Berechnungsbasis heranzuziehende Entgeltbegriff ist dabei weit auszulegen. Unter ihm ist nach Lehre und Rsp jede Art von Leistung zu verstehen, die dem AN für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft gewährt wird. Es kommt auf die Funktion der jeweiligen Leistung als Abgeltung der Arbeitsleistung, nicht aber auf die Bezeichnung, die steuer- oder die sozialrechtliche Beurteilung an. Zulagen sind regelmäßiges Entgelt, insofern sie nicht zur Abdeckung eines mit der Arbeitsleistung zusammenhängenden finanziellen Aufwands des AN erbracht werden. Da die streitgegenständlichen Erschwernis-, Infektions- und Strahlengefährdungszulagen keinen finanziellen Aufwand der AN abdecken, sind diese regelmäßiges Entgelt iSd EFZG und in weiterer Folge auch iSd § 32 Abs 3 EpiG.

Zusammenfassend sind auch die von der Kl geltend gemachten Erschwernis-, Infektions- und Strahlengefährdungszulagen von der Verdienstentgangsvergütung nach § 32 EpiG erfasst.