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Ruhen einer All-In-Vereinbarung bei Elternteilzeit und Berechnung des Verdienstes

GREGORKALTSCHMID

Der klagende BR begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass AN der Bekl mit All-In-Gehalt die Elternteilzeit oder eine Änderung der Lage der Arbeitszeit gem dem MSchG oder dem VKG in Anspruch nehmen, laufendes Gehalt sowie Sonderzahlungen in dem Ausmaß zu erhalten haben, dass eine Kürzung bzw Aliquotierung lediglich im Verhältnis der Stundenreduktion der Elternteilzeit erfolgt, dass also das Ausmaß der vom All-In-Gehalt abgedeckten Mehr- und Überstunden während der Elternteilzeit nicht ruht (keine Kürzung der Bemessungsgrundlage), sondern das (gesamte) All-In-Gehalt im Verhältnis der Stundenreduktion ausbezahlt wird.

Das Berufungsgericht hat das Klagebegehren abgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

Der OGH erachtete die außerordentliche Revision als nicht zulässig und führte aus:

Nach der OGH-E 9 ObA 30/15z vom 24.6.2015 ruht der Anspruch von DN auf eine vereinbarte Überstundenpauschale für die Zeit, für die sie von der Möglichkeit der Elternteilzeit nach dem MSchG bzw dem VKG oder vergleichbarer österreichischer Rechtsvorschriften Gebrauch gemacht haben. Auch wenn die Arbeitsvertragsparteien eine All-In-Vereinbarung abgeschlossen haben, ruht nach jüngerer Rsp beider arbeitsgerichtlichen Fachsenate des OGH (9 ObA 83/22d = ZAS 2023/7 [Schrank] = ecolex 2023/40 [Mazal] und 8 ObA 22/22a vom 24.10.2022) während der Elternteilzeit jener Teil des Arbeitsentgelts, der über das Grundentgelt hinaus für die Leistung von Mehr- und Überstunden bezahlt wird.

Der Kl begründet die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision ausschließlich damit, dass sich der OGH in seinen Entscheidungen noch nicht mit der Frage auseinandergesetzt habe, ob eine Gehaltskürzung um einen Überstundenanteil in der Elternteilzeit im Ergebnis eine Diskriminierung von Teilzeitarbeitskräften bzw eine Diskriminierung wegen des Geschlechts darstelle. Auch wenn AN während der Elternteilzeit zu Mehrarbeit nicht verpflichtet seien, könnten – so der Kl – AN der Bekl aufgrund ihrer Tätigkeit und Positionen Mehrarbeit faktisch nicht verweigern.

Richtig ist zwar, dass der OGH auch in seiner jüngeren (oben zitierten) Rsp nicht explizit zur Frage einer allfälligen Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten nach der TeilzeitarbeitsRL 97/81/EG und § 19d Abs 6 AZG und einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts iSd Art 157 AEUV und § 3 Z 2 GlBG Stellung genommen hat. Schon die Begründungen dieser Entscheidungen lassen die vom Revisionswerber behaupteten Diskriminierungen aber unbegründet erscheinen:

Elternteilzeitbeschäftigte sind zur Arbeitsleistung über das vereinbarte Arbeitszeitausmaß (Mehrarbeit) nicht verpflichtet (§ 19d Abs 8 iVm Abs 3 AZG). Ein gänzlicher Wegfall der Überstundenleistung durch längere Zeit hindurch aufgrund dieses gesetzlichen Verbots führt zum Ruhen des Anspruchs während der Zeit des Verbots, weil die Grundlage für die Vereinbarung einer Überstundenpauschale in der beiderseitigen Annahme liegt, dass solche Überstunden auch tatsächlich geleistet werden dürfen. Aus einer Pauschalierungsvereinbarung ist aber zumindest konkludent auf eine vertragliche Verpflichtung des AN zur Leistung von Überstunden zu schließen. Eine Pauschalabgeltung wird regelmäßig in der Erwartung vereinbart, dass auch Überstunden zu leisten sein werden. Ist dies der Fall, dann wäre das von den Parteien dem Arbeitsvertrag zugrunde gelegte Synallagma zwischen Arbeitsleistung und Entgelt erheblich gestört, wäre die AG verpflichtet, der AN die Überstundenpauschale weiter zu bezahlen, obwohl sie von der AN nicht einmal die Leistung von Mehrstunden fordern kann. Erbringen Elternteilzeitbeschäftigte jedoch einvernehmlich Mehrarbeit, dann steht ihnen selbstverständlich auch das entsprechende Entgelt – im Wege der Einzelverrechnung der erbrachten Mehrleistungen – zu. Abgesehen davon steht hier nicht fest, dass AN der Bekl aufgrund ihrer Tätigkeit und Positionen Mehrarbeit faktisch nicht verweigern könnten. Eine sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Elternteilzeitbeschäftigten gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten bzw gegenüber Männern ist daher nicht zu erkennen. Der Anregung des Revisionswerbers auf Einholung einer entsprechenden Vorabentscheidung durch den EuGH war daher nicht zu folgen.

Anmerkung:

In Heft 1/2023 DRdA-infas wurden die Entscheidungen zu OGH9 ObA 83/22d vom 28.9.2022 und 8 ObA 22/22a vom 24.10.2022 ausführlich bearbeitet.