143

Kein Verzicht auf das Entlassungsrecht bei befristeter Entlassung und gleichzeitiger Dienstfreistellung

RICHARDHALWAX

Der Kl wurde in einer Besprechung, bei der er mit den Vorwürfen, die zu der in der Folge vom Kl angefochtenen Entlassung führten, konfrontiert und vom Dienst freigestellt, weiters wurde ihm eine einvernehmliche Auflösung angeboten, ansonsten er entlassen werde. In der Folge wurde schriftlich 303erklärt, das Dienstverhältnis gem § 34 Abs 2 lit b VBG 1948 „mit 31.10.2020 durch Entlassung vorzeitig aufzulösen“, wobei die Vorwürfe nochmals detailliert dargelegt wurden. Das Schreiben endet damit, dass deshalb „Ihre unverzügliche Entlassung aus dem Dienst vorzunehmen war“.

Die Entlassung eines DN ist eine Maßnahme gem § 9 Abs 1 lit i PVG, auf die die Regelung des § 10 Bundes-Personalvertretungsgesetz (PVG) anzuwenden ist. Dabei sind beabsichtigte Maßnahmen vor ihrer Durchführung mit dem Ziel einer Verständigung rechtzeitig und eingehend mit dem Dienststellenausschuss zu verhandeln. Gem § 12 PVG ist es Aufgabe des Fachausschusses in Angelegenheiten iSd § 9, die über den Wirkungsbereich eines Dienststellenausschusses, nicht jedoch über den Wirkungsbereich des Fachausschusses hinausgehen, mitzuwirken.

Nach § 10 Abs 1 PVG sind beabsichtigte Maßnahmen des Dienststellenleiters iSd § 9 Abs 1 PVG dem Dienststellenausschuss spätestens zwei Wochen vor ihrer Durchführung nachweislich zur Kenntnis zu bringen. Die Verständigung nach § 9 Abs 1 PVG oder das Einvernehmen gilt als hergestellt, wenn der Dienststellenausschuss zur geplanten Maßnahme die ausdrückliche Zustimmung gibt oder sich innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Mitteilung der geplanten Maßnahme nicht äußert (§ 10 Abs 2 PVG). § 10 Abs 5 PVG sieht grundsätzlich vor, dass Maßnahmen, gegen die Einwendungen oder Gegenvorschläge erhoben wurden, solange zu unterbleiben haben, bis darüber endgültig abgesprochen worden ist. Davon ausdrücklich ausgenommen sind ua Maßnahmen des § 9 Abs 1 lit i PVG, also die Auflösung eines Dienstverhältnisses durch Entlassung und Kündigung.

Auf die Mitteilung der geplanten Entlassung antwortete der Fachausschuss mit einem Schreiben, das mit „Einspruch gegen die geplante Entlassung“ überschrieben ist und in dem ausgeführt wird: „(…) wir haben am 5. Oktober Ihr Schreiben (…) erhalten, dass die Entlassung [des Kl] beabsichtigt ist. Der Fachausschuss erhebt Einspruch gegen die geplante Entlassung und ersucht um Übermittlung folgender Unterlagen: (…).“

In ihrer außerordentlichen Revision moniert die kl Partei einerseits, dass die Äußerung des Fachausschusses nicht als abschließende Erklärung zur geplanten Entlassung hätte verstanden werden dürfen, weshalb die Entlassung nicht ohne Abwarten der zweiwöchigen Frist hätte erfolgen dürfen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass das Schreiben des Fachausschusses ungeachtet des Umstands, dass gleichzeitig um die Übermittlung weiterer Unterlagen ersucht wurde, als abschließende ablehnende Stellungnahme zur geplanten Maßnahme anzusehen ist, hält sich jedoch nach Ansicht des OGH im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums.

Ebenso verwirft der OGH den Einwand, dass die Entlassung aufgrund ihres zeitlich verzögerten Wirksamwerdens nicht zulässig sei:

Wesentliches Merkmal einer Entlassung ist die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung. Die Gründe für die vorzeitige Lösung eines Dienstverhältnisses sind daher bei sonstiger Verwirkung des Entlassungsrechts unverzüglich, dh ohne schuldhaftes Zögern, geltend zu machen. Der DG darf mit der Ausübung seines Entlassungsrechts nicht wider Treu und Glauben so lange warten, dass der DN aus diesem Zögern auf einen Verzicht des DG auf die Geltendmachung der Entlassungsgründe schließen muss.

In der Lehre und Rsp ist anerkannt, dass die Befristung einer Entlassung eines besonderen Grundes bedarf, ansonsten der AG die (subjektive) Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des AN zu erkennen gibt. In diesem Sinn kann eine Befristung der Entlassung zulässig sein, wenn sie im Einvernehmen mit dem AN erfolgt oder sie nur kurz ist und im überwiegenden Interesse des AN liegt. Auch in den Fällen, in denen der DG eine Entlassung mit späterem Wirksamkeitstermin ausspricht, muss daher geprüft werden, welche Gründe hierfür maßgebend waren und ob sich etwa aus der Weiterbeschäftigung des DN trotz Vorliegens eines Entlassungsgrundes ergibt, dass dem DG die Fortsetzung des Dienstverhältnisses auch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zugemutet werden kann.

Bei der Beurteilung, ob ein zeitliches Hinausschieben der Wirksamkeit einer Entlassung zulässig ist, kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Wenn das Berufungsgericht davon ausgeht, dass der Kl unter diesen Umständen keinen Verzicht der Bekl auf die Geltendmachung des Entlassungsgrundes annehmen konnte, liegt darin keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung. Dies trifft auch auf die Ausführungen zu, dass die Befristung im konkreten Fall zum Vorteil des DN war. Zwar ist richtig, dass im Allgemeinen die bloße Weiterzahlung des Entgelts für sich allein nicht ausreicht, eine im überwiegenden Interesse des DN liegende Befristung des Entlassungsausspruchs zu begründen. Im vorliegenden Fall war der Kl jedoch von der Dienstleistung freigestellt worden, wurde also effektiv nicht mehr weiterbeschäftigt, dies bei vollen Bezügen. Zusätzlich hatte er aber auch keine Möglichkeit mehr, während der – relativ kurzen – Befristung den Entlassungsgrund neuerlich zu verwirklichen.

Die außerordentliche Revision war deshalb laut OGH mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückzuweisen.304