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Bindende Wirkung der Lohnsteuerpflicht auch für die Sozialversicherung nur bei Bescheiden, in denen der Dienstgeber als Steuerschuldner herangezogen wird

ELISABETHHANSEMANN
§ 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG

Das Finanzamt A sprach mit Bescheid vom 6.11.2015 („Haftungsbescheid für das Jahr 2014“) aus, dass die revisionswerbende Partei als AG für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer in der Höhe eines gewissen Betrages in Anspruch genommen werde. Ebenso wurde festgestellt, dass der im Verfahren Mitbeteiligte im Jahr 2014 als DN anzusehen sei und damit für ihn Lohnsteuerpflicht nach § 47 Abs 2 EStG 1988 bestehe. Auch wenn der Mitbeteiligte als DN gem § 83 Abs 3 EStG als Steuerschuldner herangezogen und die Lohnsteuer daher nicht vom AG eingefordert worden sei, sei die Lohnsteuerpflicht rechtskräftig festgestellt worden. Gem § 4 Abs 2 letzter Satz ASVG gelte der Mitbeteiligte somit als DN, weshalb eine Pflichtversicherung nach § 4 Abs 1 ASVG gegeben sei.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), mit welchem diese aussprach, dass der Mitbeteiligte aufgrund seiner Tätigkeit im Betrieb der revisionswerbenden Partei im Zeitraum 1.3. bis 30.11.2014 als DN der Vollversicherung gem § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG und der AlV gem § 1 AlVG unterlag, als unbegründet ab und erklärte die Revision gem Art 133 Abs 4 B-VG für nicht zulässig.

In der dagegen gerichteten außerordentlichen Revision bringt die revisionsbringende Partei vor, das BVwG habe entgegen näher genannter Rsp des VwGH angenommen, dass mit dem Bescheid vom 6.11.2015 in für die revisionswerbende Partei verbindlicher Weise über die Lohnsteuerpflicht des Mitbeteiligten abgesprochen wurde und somit zu Unrecht daraus dessen Sozialversicherungspflicht abgeleitet.

Die Revision ist nach Ansicht des VwGH zulässig und berechtigt. Das angefochtene Erkenntnis war gem § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die bindende Wirkung hinsichtlich einer festgestellten Lohnsteuerpflicht nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 EStG 1988 auch für die Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG kommt nur Bescheiden zu, die über die Lohnsteuerpflicht als Hauptfrage absprechen, in erster Linie also Haftungsbescheide gem § 82 EStG 1988. Bei dem Bescheid vom 6.11. handelte es sich um einen solchen Bescheid, allerdings wurde dort der für den Mitbeteilig306ten gegenüber der revisionswerbenden Partei nachzuverrechnende Betrag mit Null festgestellt, weil gem § 83 Abs 3 EStG 1988 der DN als Steuerschuldner herangezogen worden sei. Die gegenüber der revisionswerbenden Partei mit dem „Haftungsbescheid für das Jahr 2014“ nachverrechnete Summe betraf somit die Haftung der revisionswerbenden Partei für die Lohnsteuer anderer bei ihr beschäftigter Personen. Über die Lohnsteuerpflicht des Mitbeteiligten wurde gegenüber der revisionswerbenden Partei mit diesem Bescheid somit nicht in verbindlicher Weise abgesprochen. Das BVwG hat aus diesem Bescheid (sowie dem Umstand, dass die revisionswerbende Partei dagegen kein Rechtsmittel ergriff) somit zu Unrecht die Sozialversicherungspflicht des Mitbeteiligten nach § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG abgeleitet.