151Fehlerhaftes Grundurteil und Anrechnung von Sachleistungen bei Ausgleichszulage
Fehlerhaftes Grundurteil und Anrechnung von Sachleistungen bei Ausgleichszulage
Die Kl bezieht seit 4.9.2014 eine rumänische Rente und ist seit 2008 bei ihrer Tochter in Österreich wohnhaft. Die Kl musste weder für Miete, Betriebskosten oder Essen noch für sonstige Lebenserhaltungskosten sorgen. Dies wurde von ihrer Tochter übernommen. Eine Vereinbarung über einen Vorschuss oder Kreditierung dieser Leistungen wurde nicht getroffen.
In einem Vorverfahren wurde mit Urteil vom 20.10.2021 festgestellt, dass der Kl ab 1.2.2015 „der Anspruch auf Anerkennung auf Ausgleichszulage“ zusteht.
Mit Bescheid vom 1.2.2022 wurde von der Bekl der Anspruch auf Ausgleichszulage ab 1.2.2015 anerkannt. Im Bescheid wurde zwar über die Höhe der Ausgleichszulage ausgesprochen, aber auch gleichzeitig festgelegt, dass die Ausgleichszulage ab 1.2.2015 als Vorschuss ausbezahlt und über die gebührende Ausgleichszulage zu einem späteren Zeitpunkt bescheidmäßig entschieden werde.
Gegen diesen Bescheid wurde die Klage eingebracht und Zahlung der Ausgleichszulage in gesetzlicher Höhe ab 1.2.2015 begehrt. Ein Abzug der freien Station aufgrund der Sachleistungen der Tochter sei nicht gerechtfertigt, da sie dafür selbst aufgekommen sei und weiterhin aufkomme.
Das Erstgericht entschied, dass die volle freie Station (Anm: 2023: € 327,91) aufgrund des freien Quartiers und Verköstigung durch die Tochter anzurechnen sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kl nicht Folge. Die außerordentliche Revision wurde vom OGH mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gem § 502 ZPO zurückgewiesen.
Der OGH führt im Rahmen der Entscheidungsbegründung zunächst aus, dass das Urteil im Vorverfahren fehlerhaft ist. Richtigerweise hätte bereits darin die Ausgleichszulage der Höhe nach bestimmt werden müssen oder es wäre ein Grundurteil zu fällen und der Bekl die Erbringung einer vorläufigen Leistung aufzutragen gewesen. Unrichtigerweise anders formulierte Urteile iSd § 89 Abs 2 ASGG werden jedoch als Grundurteile iSd § 89 ASGG gedeutet. Das Urteil im Vorverfahren sprach jedenfalls nur über den Grund des Anspruchs ab und ist daher – unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 89 Abs 2 ASGG vorlagen – als Grundurteil iSd § 89 ASGG anzusehen. Der fehlen318de Auftrag einer vorläufigen Zahlung wäre jedoch von Amts wegen oder auf Antrag zu ergänzen gewesen. Aufgrund des Vorliegens einer Entscheidung nach § 89 Abs 2 ASGG wäre die Bekl kraft Gesetzes zur Erlassung eines Bescheids über die endgültige Höhe der Leistung verpflichtet gewesen; gegen diesen (neuen) Bescheid kann der Versicherte, wenn er mit der festgesetzten Höhe nicht einverstanden ist, neuerlich mit Klage vorgehen. Wird der Bescheid über die Leistungshöhe nicht fristgerecht erlassen, kann Säumnisklage erhoben werden.
Die Festsetzung eines Vorschusses unter Vorbehalt der Entscheidung über die Höhe der Ausgleichszulage erfüllt diese Voraussetzungen nicht, sodass grundsätzlich kein Bescheid hinsichtlich der Höhe der Ausgleichszulage vorliegt, der das Klagerecht eröffnen würde. Die Säumnisklage wäre jedoch bereits aufgrund der abgelaufenen Frist möglich gewesen. Die Zulässigkeit des Rechtsweges wurde von den Vorinstanzen somit zu Recht nicht in Zweifel gezogen. Gegen die Entscheidung des Erstgerichts, das lediglich einen Vorschuss zugesprochen und das darüberhinausgehende, auf Erbringung der Leistung gerichtete Klagebegehren abgewiesen hatte, wendete sich die Kl in der Revision nicht.
In der außerordentlichen Revision macht die Kl geltend, dass das Berufungsgericht den in der Berufung geltend gemachten Verfahrensmangel (behauptete mangelhafte Beweiswürdigung) nicht aufgegriffen habe und wiederum nur die einseitige Beweiswürdigung des Erstgerichts bestätigt habe. Dies stelle einen wesentlichen Mangel des Berufungsverfahrens dar. Nach stRsp kann ein vom Berufungsgericht verneinter Verfahrensmangel erster Instanz aber nicht in der Revision geltend gemacht werden. Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung, das Berufungsverfahren sei – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben, umgangen werden.
In der Rechtsrüge vertritt die Kl weiterhin den Standpunkt, dass ihr die freie Station nicht „gewährt“ worden sei. Für die behauptete bloß vorläufige Übernahme durch die Tochter finden sich jedoch im festgestellten Sachverhalt keine Anhaltspunkte. Für die Anrechnung von Bezügen in Geld oder Geldeswert auf die Ausgleichszulage ist es unerheblich, aufgrund welchen Rechtstitels sie zufließen, ob sie also auf einem vertraglichen oder gesetzlichen Anspruch beruhen oder nur freiwillig geleistet werden. Mit der Bezugnahme auf bestimmte Motive für die Leistung der Sachbezüge (Unterkunft, Verpflegung) zeigt die Kl eine Abweichung der Beurteilung des Berufungsgerichts von höchstgerichtlicher Rsp nicht auf.