Probezeit im Vertrag bei mehreren Arbeitsverhältnissen
Probezeit im Vertrag bei mehreren Arbeitsverhältnissen
Sowohl im privatrechtlichen als auch im öffentlichen-rechtlichen Arbeitsverhältnis ist die Probezeit ein üblicher Bestandteil der Vertragsgestaltung. § 19 Abs 2 AngG und § 1158 Abs 2 ABGB geben Regelungen im Hinblick auf ein Probearbeitsverhältnis vor. Obwohl der Gesetzestext die Probezeit auf den ersten Blick abschließend zu regeln scheint, weist dieser bei näherer Betrachtung doch Lücken auf.
Aufgrund eines aktuellen Anlassfalles*)bietet sich die Gelegenheit, sich mit Unklarheiten, die sich in Bezug auf die vereinbarten Probezeiten bei mehreren Arbeitsverhältnissen zum selben AG ergeben können, zu befassen. Dabei wird die Rsp dargestellt und den verschiedenen Lehrmeinungen gegenübergestellt. Im Zuge dieses aktuellen Falles stellte sich die Frage, ob die Vereinbarung einer jeweils neuen Probezeit bei der insgesamt dritten Beschäftigung zum selben AG zulässig ist oder ob es sich um eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften handelt.
Der Zweck des Probearbeitsverhältnisses besteht darin, dass sich die beiden Vertragsteile gegenseitig besser kennenlernen können, bevor das bestehende Arbeitsverhältnis in ein nicht mehr uneingeschränkt lösbares Arbeitsverhältnis übergeht.*
Das verfolgte Ziel liegt einerseits darin, dem AG die Möglichkeit zu geben, sich von der Eignung des AN überzeugen zu können.* Andererseits soll dadurch aber auch dem AN die Möglichkeit geboten werden, die Verhältnisse im Betrieb besser kennenzulernen.* Durch die gesetzlich festgelegte Höchstgrenze der Probezeit haben beide Vertragspartner die Möglichkeit abzuschätzen, ob sie die gegenseitigen Erwartungen erfüllen. Gleichzeitig soll verhindert werden, dass AN durch überlange Probezeiten die Möglichkeit genommen wird, sich auf den allgemeinen Kündigungs- und Bestandsschutz sowie den besonderen Bestandsschutz zu berufen. Aufgrund der speziellen Zwecksetzung des Probearbeitsverhältnisses und der daraus resultierenden besonderen Lösungsmöglichkeiten wird nach stRsp des OGH davon ausgegangen, dass weder der allgemeine, der individuelle noch der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz zur Anwendung kommt.*
Ein Probearbeitsverhältnis muss vereinbart werden. Formvorschriften gibt es bei der Probezeitvereinbarung keine einzuhalten, eine solche kann auch mündlich zwischen den Vertragsteilen getroffen werden. Soweit nicht ausnahmsweise das Gesetz ein Probearbeitsverhältnis vorsieht – wie bei Lehrverhältnissen –, bedarf jedes Probearbeitsverhältnis einer ausdrücklichen Einzelvereinbarung oder einer Direktvereinbarung im KollV.* Die Regelung einer Probezeit im KollV ermöglicht der Gesetzgeber durch die Ermächtigungsnorm des § 2 Abs 2 Z 2 ArbVG.*
Der KollV, der für AN der Universitäten gilt, sieht zB vor, dass der erste Monat des Arbeitsverhältnisses als Probemonat gilt.* Auch der KollV der Taxilenker enthält eine normative Regelung für alle Arbeiter, wonach das Arbeitsverhältnis während des ersten Monats jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gelöst werden kann (Probezeit).* Der KollV für das Hotel- und Gastgewerbe sieht hingegen vor, dass nur die ersten 14 Tage eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Probezeit gelten.* Sieht somit der jeweils geltende KollV eine Probezeitregelung vor, ist eine Vereinbarung zwischen AG und AN nicht mehr erforderlich, sondern die Probezeit gilt automatisch aufgrund der kollektivvertraglichen Regelung. Haben die Vertragsteile eine Probezeit vereinbart oder sieht der KollV eine entsprechende Regelung vor, ist ein ausdrücklicher Hinweis auf die jederzeitige grundlose und fristlose Lösungsmöglichkeit des Arbeitsverhältnisses während dieser Probezeit nicht erforderlich.
Sowohl § 19 Abs 2 AngG als auch § 1158 Abs 2 ABGB sind einseitig zwingende Bestimmungen zu 332Gunsten des AN.* Daraus folgt, dass eine Verlängerung der Probezeit über das gesetzlich vorgesehene Höchstausmaß weder einzelvertraglich noch kollektivvertraglich zulässig ist.* Abweichungen zu Gunsten des AN sind jedoch möglich, sodass die Festlegung eines kürzeren Zeitraums als Probezeit offen steht.* Die Vereinbarung einer Probezeit ist sowohl bei befristeten als auch bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen möglich. Auch bei der Arbeitskräfteüberlassung – wenn ein AN zur Erbringung der Arbeitsleistung an Dritte überlassen wird – ist eine Probezeitvereinbarung zulässig.*
Ein Arbeitsverhältnis auf Probe kann nur am Beginn des Arbeitsverhältnisses und längstens für einen Monat vereinbart werden. Wird eine Probezeitvereinbarung erst nach dem Beginn des Arbeitsverhältnisses getroffen, ist diese nur insofern gültig, als sie sich auf den noch laufenden Erstmonat bezieht.
Der Beginn der Probezeit fällt mit dem vereinbarten Zeitpunkt des Arbeitsantritts zusammen. Das gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob der tatsächliche Arbeitsbeginn zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.*
Vereinbaren die Vertragsparteien eine über das gesetzliche Höchstausmaß hinausgehende Probezeit, stellt sich die Frage nach deren rechtlicher Qualifikation. Mathy/Naderhirn* führen zutreffend aus, dass die gesetzliche Probezeit daher (was Lösungen durch den AG betrifft) verkürzt, aber nicht durch Vereinbarung verlängert werden könne. Daraus folgt, dass bspw eine Vereinbarung mit zweiwöchiger fristloser Lösbarkeit für den AG und den AN jedenfalls zulässig wäre. Es könnte auch für den AG eine kürzere Probezeit vorgesehen sein als für den AN (zB zwei Wochen fristlose Lösbarkeit für den AG, ein Monat für den AN).*
Auch wenn der AN mit einer längeren Probezeit für den AG einverstanden wäre, ist diese unzulässig, da nur für den AN günstigere Gestaltungen erlaubt sind.*
Drs/Dorer vertreten bei Probezeitvereinbarungen, welche über das gesetzliche Höchstausmaß hinausgehen, die Rechtsansicht, dass derartige Vereinbarungen nichtig sind.*
Bei der Vereinbarung einer längeren als der gesetzlichen Probezeit differenziert die Judikatur danach, ob die Parteien eine jederzeitige Lösbarkeit des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich vereinbart hatten oder nicht.* Im Falle des Vorliegens der Vereinbarung der jederzeitigen Lösbarkeit des Arbeitsverhältnisses liege insgesamt ein befristetes Arbeitsverhältnis vor, dessen erster Monat bzw abweichende sondergesetzlich vorgesehene Frist als Probearbeitsverhältnis zu qualifizieren sei.* Fehlt es hingegen an einer entsprechenden Auflösungsvereinbarung, sei ein Arbeitsverhältnis zur Probe, dh ein zeitlich befristetes Arbeitsverhältnis, anzunehmen, bei welchem die grundsätzlich unbeschränkte Lösungsmöglichkeit nicht bestehe.*
Sowohl Lehre als auch Rsp haben sich aber von dieser schematischen Einordnung abgewandt.* Nicht jede Vereinbarung einer längeren als gesetzlich vorgesehenen Probezeit führe daher zur Annahme eines befristeten Arbeitsverhältnisses.* Wird eine das gesetzliche Höchstausmaß übersteigende Probezeit mit Hinweis auf die jederzeitige Lösbarkeit vereinbart, sei gemäß einer Entscheidung des OGH* die Vereinbarung hinsichtlich der Dauer als teilnichtig zu qualifizieren und auf den gesetzlich vorgesehenen Rahmen – nach der Grundregel auf den ersten Monat – zu reduzieren. Ob darüber hinaus ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis vorliege, komme auf den Parteiwillen an und unterliege einer Einzelfallbeurteilung.* Im Zweifel sei laut OGH* und Lehre* ein unbefristetes Arbeitsverhältnis anzunehmen, denn Arbeitsverhältnisse werden idR auf unbestimmte Zeit eingegangen, sodass befristete Arbeitsverhältnisse die Ausnahme darstellen.
Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Probemonat hat der AN Anspruch auf Urlaubsersatzleistung sowie Anspruch auf aliquote Sonderzahlung im Ausmaß des bereits verstrichenen Zeit333raums.* Im Übrigen hat der AN Anspruch auf Entgelt für die tatsächlich gearbeitete Zeit. Ein Anspruch auf Kündigungsentschädigung besteht bei der Beendigung im Probemonat nicht.
Wird das Arbeitsverhältnis während der Probezeit vom AG aufgelöst, weil der AN erkrankt ist, besteht kein Anspruch des AN auf Entgeltfortzahlung iSd § 5 EFZG.* Der Anspruch auf Krankenentgelt erlischt zugleich mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Bei Fallkonstellationen, in denen eine neuerliche Vereinbarung einer Probezeit in einem weiteren Arbeitsverhältnis zum selben AG als unzulässig angesehen wird, ist eine Auflösungserklärung als termin- und fristwidrige DG-Kündigung anzusehen samt Anspruch auf Kündigungsentschädigung inklusive Sonderzahlungsanteil.
Begründen dieselben Parteien, zwischen denen bereits zuvor eine arbeitsvertragliche Beziehung bestand, neuerlich ein Arbeitsverhältnis, so geht der OGH davon aus, dass es den Parteien freistehe, am Beginn des weiteren Arbeitsverhältnisses erneut ein Probemonat zu vereinbaren, sofern darin nicht eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften zu erkennen sei.* Der Gefahr der Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften begegnet der Gesetzgeber mit der strengen zeitlichen Begrenzung eines Probearbeitsverhältnisses auf einen Monat.* Ob jedoch tatsächlich eine entsprechende Umgehung der Schutzvorschriften auszuschließen ist, bedarf immer einer Beurteilung im Einzelfall.* Die Beurteilung, welche arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften umgangen werden können, erfolgt unter Heranziehung jener Vorschriften, die bei einer Beendigung außerhalb der Probezeit zur Anwendung kommen, nämlich jene des Kündigungs- und Entlassungsschutzes.*
Da der Zweck des Probemonats in der wechselseitigen Erprobung liegt, wird zweifellos eine Probezeitvereinbarung bei einem weiteren Arbeitsverhältnis zwischen denselben Vertragsparteien als zulässig erachtet, wenn die Tätigkeit des zweiten Arbeitsverhältnisses inhaltlich vom Tätigkeitsbereich des früheren Arbeitsverhältnisses abweicht. Ebenso erachtet der OGH eine neuerliche Probezeitvereinbarung bei einem weiteren Arbeitsverhältnis als zulässig, wenn das erste Arbeitsverhältnis durch AG-Kündigung beendet wurde, um dem AG die Möglichkeit zu geben, die Ernsthaftigkeit des Entschlusses des AN im Hinblick auf einen Neuanfang zu überprüfen.*
In einer weiteren Entscheidung setzte sich der OGH mit der Frage auseinander, ob eine neuerliche Probezeit zulässig vereinbart werden kann, wenn zwischen den Parteien zuvor schon ein freies Dienstverhältnis bestand.* Die Zulässigkeit wurde im konkreten Fall bejaht, da die beschäftigte Person das freie DV selbst beendete und zwischen der Beendigung des freien DV und dem Abschluss des neuerlichen Arbeitsverhältnisses eine Zeitspanne von einem halben Jahr lag.* Auch für den Fall, dass das erste Arbeitsverhältnis durch AN-Kündigung beendet wurde, wird die Zulässigkeit einer Probezeit am Beginn des weiteren Arbeitsverhältnisses bejaht, um dem AG die Möglichkeit zu geben, sich von der Besserung der Arbeitsweise und Arbeitseinstellung des AN zu überzeugen.*
Ein weiterer Fall, der an den OGH herangetragen wurde, beinhaltete die Frage, ob eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften bei Erfüllung einer Wiedereinstellungszusage seitens des AG bei neuerlicher Vereinbarung eines Probemonats vorliegt.* Im Anlassfall wurde das erste Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst, um der AN einen Auslandsaufenthalt zu ermöglichen, im Zuge dessen sie bei einem Schwesternunternehmen arbeitete. Der OGH sprach in seiner Entscheidung aus, dass eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften nicht anzunehmen sei, da eine solche Wiedereinstellungszusage ein Entgegenkommen des AG darstelle und nicht als eine gesetzliche oder vertragliche Schutzpflicht zu werten sei. Daher sei die Vereinbarung einer neuerlichen Probezeit am Beginn des zweiten Arbeitsverhältnisses zulässig gewesen. Zuletzt hatte der OGH in einer weiteren Rechtssache der rechtsmissbräuchlichen Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften eine Absage erteilt. Nach Auflösung des ersten Arbeitsverhältnisses durch den AN erfolgte acht Wochen später die Vereinbarung eines weiteren Arbeitsverhältnisses wiederum mit Probezeitvereinbarung zum selben AG mit Überlassung an denselben Beschäftigerbetrieb in der identen Tätigkeit (angelernter Maler).*
Die dargestellte Judikatur des OGH* wird im Schrifttum durchaus kritisch betrachtet. Schörghofer* vertritt die Ansicht, dass die Bestimmungen über das Probearbeitsverhältnis iS einer teleologischen Reduktion einzuschränken seien. Es widerspreche der Zweck334verfolgung des Gesetzgebers, selbst für den Fall, dass keiner der Vertragsteile ein berechtigtes Interesse an der wechselseitigen Erprobung hat, die erleichterte Lösungsmöglichkeit einzuräumen. Somit ist seiner Rechtsansicht nach auf das Vorliegen eines berechtigten Interesses abzustellen. Ein solches sei bei einer erstmaligen Vertragsbeziehung zwischen den Parteien jedenfalls anzunehmen. Wenn jedoch zwischen den Vertragsparteien bereits ein Arbeitsverhältnis von langer Dauer bestand, welches durch Zeitablauf endete und unmittelbar darauf ein neues Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit inhaltlich gleicher Tätigkeit abgeschlossen wird, beurteiltSchörghofer die Vereinbarung einer weiteren Probezeit als unzulässig.
Kozak* beurteilt die Zulässigkeit eines Probemonats bei einem weiteren Arbeitsverhältnis zum selben AG anhand der Judikatur zur Kettenbefristung. Demzufolge sei für die erstmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses keine sachliche Rechtfertigung erforderlich. Darauffolgende Befristungen bedürfen jedoch einer besonderen Rechtfertigung, widrigenfalls die Befristung aufgrund des Verbots der Kettenbefristung unzulässig sei. Daher geht Kozak überzeugend davon aus, dass eine weitere Probezeitvereinbarung zwischen denselben Parteien zu ihrer Gültigkeit einer entsprechenden Rechtfertigung bedürfe. Selbst bei Wirksamkeit einer neuerlichen Probezeitvereinbarung führtKozak zutreffend das Argument der Ausübungskontrolle, in Form einer Anfechtung der Lösungserklärung in der Probezeit wegen Sittenwidrigkeit und Rechtsmissbrauch, an.
Schindler* vertritt in seinem Kommentar zum Arbeitskräfteüberlassungs-KollV, welcher die Regelung „der erste Monat gilt als Probemonat
“ enthält, die Rechtsmeinung, dass sich aus dem Wortlaut der Bestimmung ergäbe, dass immer nur der erste Monat eines erstmaligen Beschäftigungsverhältnisses zwischen denselben Parteien als Probemonat gilt. Schließen somit dieselben Vertragsteile im Zuge einer Arbeitskräfteüberlassung erneut einen Arbeitsvertrag, sei die kollektivvertragliche Bestimmung bezüglich des Probemonats grundsätzlich nicht mehr anzuwenden. Eine neuerliche Probezeit müsse vertraglich vereinbart werden und zudem sachlich gerechtfertigt sein. Der OGH* hat diese Rechtsansicht jedoch bereits in einer Entscheidung als nicht zutreffend erachtet.
Der OGH hat in den Entscheidungen 8 ObA 42/05d und 9 ObA 68/21x ausdrücklich die Frage, ob eine Vorgehensweise, im Zuge welcher der AG systematisch Arbeitsverhältnisse in der Probezeit auflöst, um sie dann neuerlich mit einer Probezeit zu begründen, gegen § 879 ABGB verstößt, offengelassen. In den gegenständlichen Fällen löste der AN das vorhergehende Arbeitsverhältnis selbst auf.
ME ist der OGH* bei seinen Entscheidungen über die Zulässigkeit einer weiteren Probezeitvereinbarung bei erneuter Vertragsbeziehung zwischen denselben Vertragsparteien zu wenig differenziert vorgegangen. Die Probezeit beinhaltet für beide Parteien zwei unterschiedliche Komponenten. Der AN soll sich während dieser höchstens einmonatigen Dauer der Probezeit zum einen ein Urteil über das Arbeitsklima im Betrieb und über den AG selbst bilden und zum anderen erkennen können, ob die Arbeitstätigkeit seinen Erwartungen entspricht. Der AG soll im Gegensatz dazu einerseits die Möglichkeiten haben, die persönlichen und charakterlichen Eigenschaften des AN wie bspw seine Pünktlichkeit, Hilfsbereitschaft und Teamfähigkeit zu beurteilen und andererseits dessen arbeitstechnischen Fähigkeiten zu erproben. Folglich besteht meiner Auffassung nach für beide Parteien der Sinn und Zweck der Probezeit aus dem beruflichen und dem persönlichen Aspekt.
Daraus folgt, dass grundsätzlich neuerlich eine Probezeit vereinbart werden kann, wenn sich die Umstände zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen ändern, zB wenn sich der Aufgabenbereich des AN ändert oder eine sehr lange Zeitspanne zwischen den beiden Verträgen verstrichen ist. Nimmt man jedoch an, dass das erste Arbeitsverhältnis über einen langen Zeitraum bestand, die Unterbrechung zwischen den einzelnen Arbeitsverhältnissen nur sehr kurz war und die Tätigkeiten des AN inhaltlich ident sind, widerspricht meiner Ansicht nach eine neuerliche Probezeitvereinbarung der Zwecksetzung des Probearbeitsverhältnisses. In diesen Konstellationen besteht kein Bedürfnis nach einer zweiten Probezeit, da sich die Parteien bereits im ersten Arbeitsverhältnis kennengelernt haben und eine weitere Probezeit nicht angemessen wäre. Gerade wenn sich beide Vertragsteile aufgrund der vorhergehenden arbeitsvertraglichen Beziehung gut kennen und der AN seine Aufgaben stets zur Zufriedenheit des AG erfüllt hat, ist eine neuerliche Erprobung, welche ja gerade den Telos des Probearbeitsverhältnisses darstellt, nicht erforderlich.
Natürlich sind die Gegebenheiten von Fall zu Fall unterschiedlich, weshalb einzelfallbezogen zu differenzieren ist.
Einen typischen Fall des Rechtsmissbrauchs stellt das Kettenprobearbeitsverhältnis dar.* Dieses liegt jedenfalls vor, wenn AG und AN ein Arbeitsverhältnis begründen, welches vom AG in der Probezeit gelöst wird und unmittelbar daran anschließend dieselben Parteien erneut ein Arbeitsverhältnis mit Probezeit eingehen, mit dem Zweck, durch diese Vorgehensweise die gesetzlich mit einem Monat begrenzte Dauer der Probezeit zu umgehen. Eine solche systematische Begründung von aufeinanderfolgenden Probearbeitsverhältnissen ist unzulässig.*335
Meiner Rechtsauffassung nach ist eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften allerdings insb aber nicht nur dann anzunehmen, wenn sämtliche Arbeitsverhältnisse in der Probezeit aufgelöst wurden, weil dies wegen der Kürze der dafür zur Verfügung stehenden Zeit im Arbeitsleben kaum denkbar ist und ein Rechtsmissbrauch im Falle einer derartigen Vorgangsweise auf der Hand liegt. Ein alleiniges Abstellen auf wiederkehrende, systematische Auflösungen in der Probezeit bei gleichbleibenden Arbeitsvertragsparteien durch den AG würde aber für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit einer neuerlichen Probezeitvereinbarung zu kurz greifen. Die meisten Arbeitsverhältnisse enden deshalb in der Probezeit, weil der AG nicht überzeugt ist, dass der jeweilige DN für die Stelle geeignet sei. Derartige Arbeitsverhältnisse werden keinesfalls anschließend wieder neu begründet und fortgesetzt. Der Umstand, dass die beiden ersten Arbeitsverhältnisse des Anlassfalls* nicht in der Probezeit, sondern einvernehmlich beendet wurden, vermag an der Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften nichts zu ändern. Die relevanten Beschäftigungsverhältnisse waren von kurzer Dauer, die Initiative zur einvernehmlichen Auflösung ging von der AG aus und Motiv war stets der Betriebsurlaub des Beschäftigerbetriebes. Gerade der Umstand, dass die vorherigen zwei Arbeitsverhältnisse nicht in der Probezeit endeten, spricht dafür, dass der AN den fachlichen und persönlichen Erwartungen des AG entsprochen hat. Vielmehr war offensichtlich ein gemeldeter Krankenstand das Auflösungsmotiv in der Probezeit und die Intention des AG, sich seiner Entgeltfortzahlungspflicht zu entziehen. Es ist aus diesem Grund eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften anzunehmen.*
Eine gründliche Auseinandersetzung zur Rechtsfrage der Zulässigkeit der Vereinbarung einer erneuten Probezeit in einem zweiten Arbeitsvertrag zwischen gleichbleibenden Arbeitsvertragsparteien ist für verantwortungsvolle AG unumgänglich. Die Probezeit hat sich in der Praxis etabliert und zählt inzwischen zu den Standardklauseln vorformulierter Arbeitsverträge. Bei der Aufarbeitung der Literatur und der Auswertung der vorhandenen Judikatur hat sich gezeigt, dass in Bezug auf die Zulässigkeit einer Probezeitvereinbarung in einem zweiten Arbeitsvertrag zum selben AG Rechtsunsicherheiten bestehen. Faktum ist, dass für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit aufeinanderfolgender Probezeitvereinbarungen verschiedene Kriterien heranzuziehen sind (bspw der zeitliche Abstand zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen, sachliche Gründe für eine weitere Probezeitvereinbarung, die Notwendigkeit der Erprobung) und die Beurteilung der Sittenwidrigkeit aufeinanderfolgender Probezeitvereinbarungen jedenfalls vielschichtig ist; die aktuelle Entscheidung des OLG Graz* dient der Schärfung wichtiger Trennlinien iSd bisherigen Judikatur.336