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Schlüssiger unberechtigter Austritt eines Zustellers

ManfredTinhof

Der Kl war bei der Bekl als Zusteller beschäftigt. Nach einem Krankenstand sagte ihm die Bekl zu, ihn vorerst nur für leichtere Touren einzusetzen. Am 28.12.2021 beschwerte sich der Kl, dass ihm eine zu schwere Tour zugewiesen worden sei, woraufhin die Bekl ihm eine leichtere Tour zuteilte, bei welcher er ein Auto von Wien nach Linz überstellen hätte müssen. Der Kl lehnte aber auch diese Tour ab, erklärte „Diese Scheißfirma, ich kündige“ und verließ die Betriebsstätte.

Der Kl forderte Schadenersatz, weil die Bekl sein Verhalten als unberechtigten Austritt angesehen und ihn dementsprechend abgerechnet hatte.

Der OGH hielt die Beurteilung der Vorinstanzen, wonach die Erklärung des Kl im Zusammenhang mit dem Verlassen der Betriebsstätte als schlüssige Austrittserklärung zu verstehen gewesen sei, jedenfalls für vertretbar und wies die außerordentliche Revision des Kl zurück.

Der OGH führte aus, dass sowohl die Kündigung als auch der Austritt auch schlüssig iSd § 863 ABGB ausgesprochen werden kann. Für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf einen rechtsgeschäftlichen Willen legt § 863 ABGB aber einen strengen Maßstab an; es darf kein vernünftiger Grund für Zweifel daran übrigbleiben, dass der Wille vorliegt, eine Rechtsfolge in einer bestimmten Richtung herbeizuführen.

Da eine Austrittserklärung nur sofort oder mit Zustimmung des AG widerrufen werden kann, ist auch nicht mehr relevant, dass der Kl der Bekl nach dem Verlassen der Betriebsstätte eine Krankmeldung übermittelte.