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Unwirksame Entlassung eines Personalvertreters mangels Zustimmung des Personalvertreterausschusses

ManfredTinhof
§ 22 Abs 2 NÖ Gemeinde-PersonalvertretungsG

Der Kl ist seit 1985 bei der bekl Gemeinde als Musikschullehrer beschäftigt und wurde am 23.12.2022 entlassen. Obwohl er damals Personalvertreter war, hatte die Bekl davor keine Zustimmung des Personalvertreterausschusses eingeholt. Auf das Dienstverhältnis findet das Niederösterreichische Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz Anwendung.

Mit der gegenständlichen Klage begehrte der Kl die Feststellung, dass sein Dienstverhältnis über den 23.12.2022 hinaus weiter fortbestehe. Er habe keinen Entlassungsgrund gesetzt. Darüber hinaus sei die ohne Zustimmung des Personalvertreterausschusses erfolgte Entlassung jedenfalls unwirksam. Die Bekl wendete ein, dass sich der Kl seit Jahren unangemessen verhalten habe und zum Schutz der Schülerinnen eine sofortige Entlassung erforderlich gewesen sei. Die Entlassung sei unabhängig von der Zustimmung des Personalvertreterausschusses rechtswirksam.

Die Vorinstanzen gaben der Klage statt, der OGH hielt die Revision der Bekl zwar für zulässig, nicht aber für berechtigt und stellte fest, dass die Entlassung des Kl mangels Zustimmung des Personalvertreterausschusses unwirksam ist.

Nach § 22 Abs 2 Niederösterreichisches Gemeinde-Personalvertretungsgesetz (NÖ GPVG) darf ein Personalvertreter, soweit nicht der Kündigungsgrund der Erreichung der Altersgrenze oder der Dienstunfähigkeit vorliegt, nur mit Zustimmung des Personalvertreterausschusses, dem er angehört, gekündigt oder entlassen werden. Wird die Zustimmung nicht innerhalb von zwei Wochen erteilt, so entscheidet das zuständige Organ nach Anhörung des Zentralausschusses über die Entlassung. Dies bedeutet, dass die Entscheidungsbefugnis über die Kündigung oder Entlassung letztlich nicht beim Personalvertreterausschuss, sondern beim zuständigen Organ der Gemeinde gelegen ist. Das ist im Fall des Kl nach § 35 Z 21 NÖ Gemeindeordnung 1973 der Gemeinderat. Der Personalvertreterausschuss kann die Entlassung eines Personalvertreters daher nicht verhindern. Entgegen der Rechtsansicht der Bekl kann daraus aber nicht abgeleitet werden, dass es sich bei der Beteiligung des Personalvertreterausschusses um eine bloße „Sollvorschrift“ handle, die keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Entlassung habe.

Die Beteiligung des Personalvertreterausschusses bei der Entlassung eines Personalvertreters soll sicherstellen, dass die Interessen der Belegschaft gewahrt bleiben und die Entlassung des Personalvertreters nicht zu Unrecht erfolgt. Es geht dabei nicht nur um das Sichtbarmachen von Interessenpositionen, sondern auch um die Aufklärung des Sachverhalts. Nicht zuletzt wird der Personalvertretung dadurch die Möglichkeit eingeräumt, den Gemeinderat davon zu überzeugen, dass die besseren Gründe für eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses sprechen.

Bei § 22 NÖ GPVG handelt es sich um eine Schutzvorschrift zu Gunsten der Personalvertreter, die dadurch vor einer voreiligen Kündigung oder Entlassung geschützt werden sollen. Da diese Vorschrift verhindern will, dass das Dienstverhältnis eines Personalvertreters ohne vorherige Befassung des Personalvertreterausschusses beendet wird, muss ein Verstoß zur Unwirksamkeit der Entlassung führen.

Soweit die Bekl in ihrer Revision behauptet, dass die Weiterbeschäftigung des Kl bis zur Stellungnahme des Personalvertreterausschusses mit einer Gefährdung der Schülerinnen verbunden gewesen wäre, ist ihr zu entgegnen, dass es in diesem Fall an ihr gelegen wäre, dem durch eine Suspendierung des Kl zu begegnen. Nachdem das ihm zur Last gelegte Fehlverhalten in keinem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Personalvertreter steht, wäre dazu nach § 23 NÖ GPVG auch keine Zustimmung des Personalvertreterausschusses erforderlich gewesen. Selbst wenn Entlassungen unverzüglich auszusprechen sind, hat der OGH schon mehrfach darauf hingewiesen, dass eine Entlassung nicht deshalb verspätet sein kann, weil zuerst die Zustimmung des Personalvertreterausschusses eingeholt werden musste.94