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Recht des Betriebsrats auf Entsendung von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat eines Fonds, auch wenn es sich um einen Tendenzbetrieb handelt

JuliaSchwarz

Der Bekl ist ein Fonds mit 400 Mitarbeitern, welcher auf ein zwischen dem BM für Inneres und dem UN-Flüchtlingshochkommissär im Jahr 1959 geschlossenes Abkommen über die Errichtung des „Flüchtlingsfonds der Vereinten Nationen Wien“ zurückgeht. Nach der Satzung ist die Tätigkeit des Bekl nicht auf Gewinn gerichtet und verfolgt den gemeinnützigen Zweck der Förderung von Angelegenheiten der gesellschaftlichen Integration und des Zusammenlebens von Menschen mit oder ohne Migrationshintergrund in Österreich. Der beim Bekl errichtete Aufsichtsrat besteht aus vier Mitgliedern. Der kl BR begehrte die Feststellung, dass er das Recht habe, zwei seiner Mitglieder in den Aufsichtsrat des Bekl zu entsenden. Der Bekl lehnte die Entsendung von AN-Vertretern mit der Begründung ab, es handle sich bei ihm um einen Tendenzbetrieb, bei dem deren Entsendung in den Aufsichtsrat ausgeschlossen sei. 90

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt. Der OGH wies die Revision des Bekl mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurück und begründete seine Entscheidung folgendermaßen:

Nach § 21 Abs 12 Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz (BStFG) 2015 gilt § 110 ArbVG, wonach der BR zwei AN-Vertreter in den Aufsichtsrat entsendet, für Fonds sinngemäß, auch wenn diese im Hinblick auf Beschlüsse, die politische, koalitionspolitische, konfessionelle, wissenschaftliche, erzieherische oder karitative Zwecke iSd § 132 Abs 1 ArbVG betreffen, nicht stimmberechtigt sind. Der Kl hat daher ein Recht auf Entsendung von AN-Vertretern in den Aufsichtsrat, unabhängig davon, ob es sich bei dem Bekl um einen Tendenzbetrieb iSd § 132 Abs 1 ArbVG handelt.

Auch wenn der Bekl wiederholt betont, dass bei Aktiengesellschaften, die als Tendenzbetriebe geführt werden, nach § 132 Abs 1 ArbVG keine AN-Vertreter in den Aufsichtsrat entsendet werden, bestehen an der Verfassungskonformität des § 21 Abs 12 BStFG 2015, wonach bei Fonds, die in diesen Bereichen tätig sind, bloß das Stimmecht der AN-Vertreter beschränkt ist, keine Bedenken. Dem Gesetzgeber steht es im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraums nämlich frei, in unterschiedlichen Rechtsbereichen selbständige Ordnungssysteme zu schaffen, die den jeweiligen Erfordernissen und Besonderheiten Rechnung tragen.

Auch die Rechtsansicht des Bekl, dass bereits im Entsendungsbeschluss des BR die Funktionsperiode der AN-Vertreter angegeben werden müsse, findet im Gesetz keinen Anhaltspunkt, sodass auch insofern keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt.