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Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats bei Betriebsänderungen – Sicherung durch einstweilige Verfügung?

WalterGagawczuk

Der Kl konnte nicht ausreichend darlegen, inwiefern es ihm trotz der kurzen Frist (gerade noch) nicht möglich und zumutbar gewesen wäre, die AN-Interessen im Rahmen eines kurz vor Beginn der Betriebsänderung vom Betriebsinhaber (BI) angebotenen Beratungstermins wahrzunehmen.

Die tragende Begründung für die Abweisung der einstweiligen Verfügung war daher, dass der BI den Informations- und Beratungspflichten inhaltlich ausreichend nachgekommen ist.

Die vorgelagerte Frage, ob die Informations- und Beratungsrechte bei Betriebsänderungen durch eine 153einstweilige Verfügung gesichert werden können, wurde daher vom OGH ausdrücklich offengelassen.

Sachverhalt

Der Kl ist BR. Die Bekl ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts und befasste sich beginnend im Jahr 2022, verstärkt ab März 2023, mit Problemstellungen, die die strittigen Entscheidungen zur Neupositionierung der Kammer und zur Umstrukturierung des Kammeramts nach sich zogen. Es ging dabei um fehlende Effizienz und Prozesse, hohe Personal- und Organisationskosten, eine Optimierung der Servicequalität und Messbarkeit der Leistungen sowie mangelnde Digitalisierungsschritte. Die Kammerfunktionäre forderten eine Stärkung der Standesvertretung, eine einnahmenorientierte Ausgabenpolitik, Modernisierung, Serviceorientiertheit und Digitalisierung. „Zusammengefasst in einem Konzeptpapier wurde im Wesentlichen dieser Inhalt dem Kläger zuletzt am 20. Juni 2023 mündlich dargestellt.“

Bereits am 3.3.2023 fand eine Mitarbeiterveranstaltung zum Weiterentwicklungsprozess der Bekl statt, bei der der Kl anwesend war. Dabei wurde die Forderung des Präsidiums kommuniziert, die Weiterentwicklung und Modernisierung der Bekl im gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Spannungsfeld zu forcieren und gleichzeitig das Kammeramt entsprechend dieser Anforderungen neu zu strukturieren.

In den Informationsprozess zur Neupositionierung der Bekl und die neue Strukturierung des Kammeramts wurden das Präsidium, führende und andere Mitarbeiter sowie der Kl einbezogen. Die zur Entscheidung führenden Gründe wurden dem Kl wiederholt mitgeteilt. Dem Konzept ging ein Beschluss im Präsidium am 13.6.2023 voraus, die Information des Kl war mit 20.6.2023 geplant „und wurde auch umgesetzt“. Über Einladung der Kammeramtsdirektorin wurde dem Kl der Inhalt der Neuordnung am 20.6.2023 im Rahmen einer Powerpoint-Präsentation dargelegt und das Konzept der Organisationsreform übergeben. In der Folge wurde das Konzept mit dem Kl erörtert und es wurden Fragen diskutiert, etwa die Umwandlung der linear organisierten Spartenorganisation in eine Matrixstruktur sowie der Zeitplan.

Das Inkrafttreten wurde mit 1.7.2023 festgelegt. Inwieweit einzelne Umsetzungsschritte behandelt wurden, konnte nicht festgestellt werden. Aus dem Entwurf war jedenfalls zu ersehen, dass diverse Positionen neu geschaffen und besetzt werden sollten sowie Versetzungen anstehen. Die Mitarbeiter sollten dadurch neue Arbeitsaufgaben und/oder auch neue Vorgesetzte haben, wobei die bisherigen Aufgabenbereiche so lange gleichbleiben sollten, bis die neuen Vorgesetzten gemeinsam mit jedem Einzelnen die Stellenbeschreibungen angepasst hätten.

Dem Kl wurde zudem ein zweiter Termin für den 26.6.2023 angeboten, bei welchem die Bekl weitere Gespräche und Beratungen durchführen hätte wollen.

Am 23.6.2023 fand eine Mitarbeiterveranstaltung zur Frage der Weiterentwicklung der Bekl statt, bei der der Kl anwesend war. Am 26.6.2023 sagte der Kl sodann den Termin ab und übermittelte stattdessen der Kammeramtsdirektion ein Schreiben (das ua eine umfassende Fragenliste enthält, wie im Einzelnen näher festgestellt wurde). Zudem antwortete der Kl am 27.6.2023 mit einer eigenen Stakeholder-Analyse als Ergebnis der Mitarbeiterveranstaltung.

Aufgrund des Schreibens des Kl vom 26.6.2023 wurde bei einer abschließenden Präsidiumssitzung der Bekl am 27.6.2023 noch auf Vorschläge des Kl eingegangen und eine Neubesetzung mehrerer Positionen beschlossen. So wurde die Zuordnung [von einem Mann und zwei Frauen] in sonstige Teams revidiert und diese in die Position von Teamleitern berufen.

Mit dem Konzept vom 28.6.2023 wurde die Organisationsreform allen Mitarbeitern präsentiert. Die ersten Schritte der Organisationsreform wurden mit Stichtag 1.7.2023 umgesetzt. Die im Schreiben des Kl vom 26.6.2023 aufgelisteten Fragen wurden von der Bekl nicht beantwortet.

Verfahren und Entscheidung

Der Kl sieht die Organisationsänderung der Bekl als Betriebsänderung iSd § 109 Abs 1 Z 4 ArbVG an und seine daraus resultierenden Informations- und Beratungsrechte als beschnitten und verlangt die Übermittlung „aller erforderlichen Informationen gem § 109 ArbVG“, insb die Beantwortung seiner Fragenliste sowie die Ausfolgung der damit geforderten Unterlagen. Weiteres solle die Bekl für schuldig erkannt werden, fünf Wochen nach Übermittlung der Informationen eine Beratung über die Gestaltung der geplanten Maßnahme mit dem Kl durchzuführen und bis dahin mit der Umsetzung der Organisationsänderung zuzuwarten. Zur Sicherung dieser Ansprüche beantragte der Kl, gestützt auf § 381 Z 1, § 382 Z 5 EO, die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der der Bekl geboten werden solle, mit der Umsetzung der Organisationsänderung bis zur Durchführung der Beratung nach zuvor erfolgter Informationsübermittlung in eventu bis zur Übermittlung der vom BR eingeforderten Informationen zuzuwarten, und sie für schuldig erkannt werden solle, bis dahin jede Umsetzungsmaßnahme zu unterlassen.

Die Bekl beantragte die Abweisung des Sicherungsantrags. Sie sei ihren Verpflichtungen zur Informationserteilung und Beratung iSd § 109 ArbVG – so man überhaupt von einer Betriebsänderung ausgehe – ausreichend nachgekommen; dass der Kl den angebotenen Termin nicht wahrgenommen habe, 154 könne ihr nicht angelastet werden. Der Fragenkatalog sei primär eine Kritik an der internen, für die AN bloß geringfügigen Organisationsänderung, auf dessen ArbVG-relevante Punkte habe sie mit Änderungen reagiert.

Die Vorinstanzen wiesen den Sicherungsantrag übereinstimmend ab. Sie bejahten ein Mitwirkungsrecht des Kl wegen des Vorliegens einer Betriebsänderung iSd § 109 Abs 1 ArbVG. Zudem würden insb europarechtliche Erwägungen zur Effektivität der Rechtsdurchsetzung für eine Sicherbarkeit eines Informationsanspruchs im Zusammenhang mit geplanten Betriebsänderungen durch eine einstweilige Verfügung sprechen, mit der dem Betriebsinhaber verboten werde, vor Erteilung der Information und vor Abschluss der Konsultationen mit dem BR die beabsichtigte Maßnahme durchzuführen. Die Bekl sei aber ihrer Informations- und Beratungspflicht (noch) ausreichend nachgekommen; außerdem sei das allgemeine Informationsbegehren zu unbestimmt und der Fragenkatalog überschießend.

Die Vorinstanzen wiesen den Sicherungsantrag übereinstimmend ab.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs allerdings zu, weil weder zur Sicherbarkeit des in § 109 Abs 1 ArbVG verankerten Informations- und Beratungsrechts noch zu den Kriterien für die Angemessenheit und Rechtzeitigkeit der Information und Beratung höchstgerichtliche Rsp existiere. Der OGH hielt den Revisionsrekurs des Kl jedoch für nicht zulässig.

Originalzitate aus der Entscheidung

18. 1.1. Tragende Begründung des Rekursgerichts für die Abweisung der einstweiligen Verfügung ist, dass die Beklagte ihrer in § 109 ArbVG verankerten Informations- und Beratungspflicht inhaltlich ausreichend nachgekommen ist. Die an sich vorgelagerte Frage, ob die einstweilige Verfügung schon deshalb abzuweisen gewesen wäre, weil der – zur Sicherung der Durchsetzung des Informations- und Beratungsanspruchs beantragte – einstweilige Unterlassungsanspruch aus dem Gesetz (§ 109 ArbVG) nicht ableitbar ist, hat das Rekursgericht (unter Darlegung des Meinungsstands) zwar angesprochen, aber ausdrücklich offen gelassen. Wenngleich es seine Entscheidung von der Lösung der Frage gerade nicht abhängig gemacht hat, hat es dazu den Revisionsrekurs zugelassen.

1.2. Zu dieser Rechtsfrage bzw dazu, ob deren Lösung zu einem weiteren Abweisungsgrund führen könnte, hat der Oberste Gerichtshof aber im Hinblick darauf nicht Stellung zu nehmen, dass es dem Kläger (der klarerweise vom gegenteiligen Standpunkt ausgeht) nicht gelingt, mit seinen Ausführungen zum Informations- und Beratungsanspruch und den im vorliegenden Fall seiner Ansicht nach noch fehlenden Informationen, eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen: […]

26. Das Rekursgericht nahm bei seiner Beurteilung, ob die Beklagte ihre Pflichten, Information zu geben und Beratung anzunehmen, ausreichend erfüllt habe, eine Gesamtbetrachtung vor, deren Methodik und Ergebnis im konkreten Einzelfall jedenfalls vertretbar ist. Bei dieser berücksichtigt es die (in Relation zu anderen Fällen des § 109 ArbVG als verhältnismäßig geringfügig qualifizierten) Auswirkungen der Organisationsänderung, die (wenn auch noch abstrakten) Vorankündigungen von Reformbestrebungen seit dem Jahr 2022 sowie den Inhalt der Besprechung vom 20. Juni 2023 und das Anbot eines weiteren Termins am 26. Juni 2023, bevor die finale Version mit 27. Juni 2023 beschlossen werden und mit 1. Juli 2023 in Kraft treten sollte.

27. Soweit der Revisionsrekurs dagegen mit einer bloßen „Erstinformation“ bzw einem „Grobkonzept ohne jede nähere Information“ argumentiert, geht er nicht vom bescheinigten Sachverhalt aus und ist nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RS0043603). So wurden nach den Feststellungen am 20. Juni 2023 doch der Inhalt und Zeitplan der Neuordnung mit dem Kläger erörtert und diskutiert, wobei die (übergebene) Power-Point-Präsentation unstrittig die Betroffenen namentlich ausweist.

28. Der Kläger stellt sich weiterhin auf den Standpunkt, dass die Beklagte schon deswegen rechtswidrig gehandelt hätte, weil sie seinen (mehrseitigen) schriftlichen Fragenkatalog, den er anstelle der persönlichen Teilnahme am zweiten Besprechungstermin verschickt hatte, nicht beantwortete. Er setzt sich aber nicht mit der Begründung der Vorinstanzen auseinander, wonach dieser Fragenkatalog über weite Strecken überschießend sei (iSv 9 ObA 135/09g) und es ihm trotz der kurzen Frist (gerade noch) möglich und zumutbar gewesen wäre, die Arbeitnehmerinteressen im Rahmen des weiteren Informations- und Beratungstermins am 26. Juni 2023 wahrzunehmen.

29. In der vom Kläger ins Treffen geführten Entscheidung 8 ObA 2018/96i ging es, wie vom Rekursgericht bereits herausgearbeitet, um die Berechtigung einer Entlassung nach einer Betriebsverlegung, deren Ankündigung „ein bis zwei Monate im Vorhinein“ als zu kurzfristig angesehen wurde. Dies ist aber mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, in dem Mitwirkungsrechte des Betriebsrats bei einer Umstellung der internen Organisation der Beklagten von einer linearen Sparten- in eine Matrixorganisation strittig sind. Entgegen den Rechtsmittelbehauptungen steht auch keineswegs fest, dass zahlreiche, insbesondere mit Frauen besetzte Positionen abgewertet werden sollen. Die Beklagte reagierte nach dem bescheinigten Sachverhalt auf den Fragenkatalog des Klägers insofern, als sie in der Präsidiumssitzung vom 27. Juni 2023 eine Neubesetzung mehrerer Positionen beschloss und gewisse Zuordnungen revidierte.

30. Auch indem der Kläger nach wie vor pauschal „sämtliche geforderten Informationen“ als erforder155lich bezeichnet, obwohl diese – wie die Vorinstanzen bereits aufzeigten – teils keinen konkreten Zusammenhang mit der Belegschaft haben, sondern allgemein die Sinnhaftigkeit und Qualität der Reformbestrebungen in Frage stellen, vermag er keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

31. Ebensowenig stellt der Revisionsrekurs einen Bezug zwischen den Fragen und den von den Vorinstanzen als zu unbestimmt bzw zu weit qualifizierten Klage- und Sicherungsbegehren her. Da die einstweilige Verfügung schon nach dem klägerischen Vorbringen Sicherungsmittel und nicht Sanktion sein soll, wäre es aber am Kläger gelegen darzulegen, inwiefern die Beantwortung von und Beratung über welche konkreten Fragen – trotz zwischenzeitiger Konzeptänderungen und Umsetzungsschritte – nach wie vor notwendig und geeignet wäre, um Arbeitnehmerinteressen zu wahren und insbesondere iSd § 109 Abs 2 ArbVG Vorschläge aus Verhinderung, Beseitigung oder Milderung von für die Arbeitnehmer nachteiligen Folgen zu erstatten. Vorbringen, warum die Zeitspanne zwischen den beiden Beratungsterminen zu kurz gewesen wäre, vermag ein solches zu einem Sicherungsanspruch und der Gefährdung nicht zu ersetzen. […]

Erläuterung

1. Zum Informationsanspruch bei Betriebsänderungen im Allgemeinen

Das ArbVG sieht in § 91 Abs 1 ein sehr weitgehendes Informationsrecht des BR vor. Dieses erstreckt sich auf alle Angelegenheiten, welche die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen oder kulturellen Interessen der AN des Betriebes berühren. Die Initiative für die Geltendmachung dieses Rechts muss vom BR ausgehen. Anders ist die Rechtslage bei geplanten Betriebsänderungen. Hier ist der BI verpflichtet, den BR von sich aus zu informieren. Die Vorgaben dafür sind, dass die Information „zu einem Zeitpunkt, in einer Weise und in einer inhaltlichen Ausgestaltung“ erfolgt, „die es dem BR ermöglichen, die möglichen Ausgestaltungen der geplanten Maßnahme eingehend zu bewerten und eine Stellungnahme zu der geplanten Maßnahme abzugeben“. Auf Verlangen des BR hat der BI mit diesem eine Beratung über deren Gestaltung durchzuführen. Sinn und Zweck der Regelung liegen auf der Hand. Es geht nicht um die bloße Information des BR, sondern der betrieblichen AN-Vertretung soll eine praktikable Möglichkeit eingeräumt werden, auf die Betriebsänderung Einfluss zu nehmen. Dazu bedarf es erstmals ausreichend Zeit, um sich anhand der übermittelten Informationen ein Bild über die geplanten Änderungen zu machen und auf dieser Basis beurteilen zu können, ob noch weitere Informationen erforderlich sind. Liegen die erforderlichen Informationen vor, dann kann im Betriebsratsgremium eine Diskussion und anschließende Meinungsbildung erfolgen, damit danach eine Stellungnahme gegenüber dem BI abgegeben werden kann. Der nächste Schritt, die Beratung zwischen BR und BI erfolgt wahlweise auf Initiative des BR. Der Gesetzgeber unterlässt es, für die Abläufe im Einzelnen oder im Ganzen bestimmte Zeiträume vorzugeben. Dies hängt nämlich in hohem Maße von der jeweils geplanten Maßnahme ab. Bei sehr einfachen Betriebsänderungen kann ein Zeitraum von wenigen Tagen angemessen sein, in komplexen Fällen werden mehrere Wochen, unter Umständen sogar Monate, erforderlich sein.

2. Zur einstweiligen Verfügung

Schwierig ist die Rechtsdurchsetzung in der Praxis, wenn der BI die Informationspflichten iZm Betriebsänderungen nicht beachtet. In vielen Fällen bekommt der BR die geplanten Änderungen erst mit, nachdem seitens des Managements schon alle Entscheidungen getroffen wurden und die tatsächliche Umsetzung kurz bevorsteht. Die Durchsetzung der Informationsrechte mittels Leistungsklage ist prinzipiell möglich. Bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegen würde, wäre die Betriebsänderung aber schon abgewickelt und eine nachträgliche Information und Beratung würde den Sinn und Zweck verfehlen. Anders verhält es sich bei einer Leistungsklage, verbunden mit dem Antrag auf eine einstweilige Verfügung (EV), die darauf abzielt, mit der Durchführung der Betriebsänderung bis zur Durchführung der Beratung nach zuvor erfolgter Übermittlung entsprechender Informationen zuzuwarten. Nach einem von der AK Wien im Auftrag gegebenen und in der DRdA 2011 veröffentlichten Gutachten von Kodek (Einstweilige Verfügungen zur Sicherung des Informationsanspruchs nach §§ 108, 109 ArbVG bei beabsichtigten Betriebsänderungen 517 ff) kann eine beabsichtigte Betriebsänderung ohne vorherige Information des BR nach den §§ 381 Z 1, 382 Z 5 EO mit EV untersagt werden. Eine Rsp dazu war aber noch ausständig. Leider musste sich der OGH auch im gegenständlichen Verfahren nicht deklarieren. Er erachtete nämlich die Rechtsansicht der Vorinstanzen als nicht unvertretbar, dass die Bekl ihre Pflichten nach § 109 ArbVG bereits ausreichend erfüllt habe. Da daher kein Anspruch auf (weitere) Information und Beratung besteht, entbehrt die EV einer Grundlage. Auch das OLG Wien musste zur Frage der EV an sich keine Entscheidung treffen. Es hat aber zumindest bekundet, dass „insbesondere europarechtliche Erwägungen zur Effektivität der Rechtsdurchsetzung für eine Sicherung des Informationsanspruches im Zusammenhang mit geplanten Betriebsänderungen durch eine einstweilige Verfügung sprechen“. Der OGH war diesbezüglich zurückhaltender und hat zu dieser Frage ausdrücklich nicht Stellung bezogen.

3. Zum Mitbestimmungsrecht und zur Mitwirkungspflicht des Betriebsrats

Wie oben ausgeführt, hängt der Zeitraum, der dem BR für die Bewertung der Information und Beratung gewährt werden muss, sehr stark vom Einzelfall ab. Leider ist der Sachverhalt, der dem Urteil zu entnehmen ist, für eine seriöse Beurteilung etwas knapp bemessen. Es dürfte sich jedoch nicht bloß 156 um eine geringe Betriebsänderung gehandelt haben, denn es ging um eine Organisationsreform iS einer Neupositionierung der Kammer und eine Umstrukturierung des Kammeramts. Dabei war auch die Umwandlung einer linear organisierten Spartenorganisation in eine Matrixstruktur in Diskussion. Es sollten diverse Positionen neu geschaffen und Mitarbeiter versetzt werden. Diesbezüglich kam es zwar schon Monate vor Beginn der tatsächlichen Umsetzung am 1.7. zu einer Information über das Vorhaben an sich. Konkrete Informationen sowie eine erste Erörterung über den Inhalt der Reform erfolgten jedoch erst elf Tage vor der Umsetzung und fünf Tage vor der Umsetzung sollte die erste eigentliche Beratung stattfinden, nachdem sich der BR ein Bild von der Lage machen konnte. Die Beurteilung des OGH, dass es dem BR „trotz der kurzen Frist (gerade noch) möglich und zumutbar gewesen wäre, die Arbeitnehmerinteressen im Rahmen des weiteren Informations- und Beratungstermins am 26. Juni 2023 wahrzunehmen“, erscheint in Anbetracht dieser Umstände unverhältnismäßig streng, zumal etwa ein Umstieg auf eine Matrixorganisation vielfältige, komplizierte und zum Teil rechtlich noch ungelöste Fragen aufwirft (siehe dazu etwa Vinzenz, Arbeitsrechtliche Qualifikation und Behandlung von Matrixstrukturen, ZAS 2022/2). Jedenfalls wurde es dem BR negativ angelastet, dass er den angebotenen Beratungstermin kurz vor der Umsetzung nicht mehr wahrgenommen hat.