68Keine ungekürzten Sonderzahlungen bei Wiedereingliederungsteilzeit nach Banken-Kollektivvertrag
Keine ungekürzten Sonderzahlungen bei Wiedereingliederungsteilzeit nach Banken-Kollektivvertrag
Auf das Dienstverhältnis der Kl gelangt der KollV für die Angestellten der Banken und Bankiers (in Folge kurz Banken-KollV) zur Anwendung. Nach der Rückkehr aus einem Langzeitkrankenstand vereinbarten die Parteien für die Zeit vom 22.11.2021 bis (letztlich) 15.8.2022 Wiedereingliederungsteilzeit. Während dieser Wiedereingliederungsteilzeit aliquotierte die bekl AG die Höhe der Sonderzahlungen der Kl. Diese begehrte die Sonderzahlungen für 2021 und 2022 in voller Höhe und stützte ihren Anspruch auf § 29 Abs 6 des Banken-KollV, wonach im Krankheitsfall die Sonderzahlungen im ungekürzten Ausmaß zustehen, „falls der Anspruch auf laufendes Entgelt wegen einer lang andauernden Erkrankung zur Gänze oder teilweise entfällt
“. Die Bekl bestritt und beantragte Klagsabweisung. § 29 Abs 6 Banken-KollV regle nur finanzielle Aspekte des Krankenstands, nicht aber der Wiedereingliederungsteilzeit.
Der OGH entschied, dass die Revision der Kl zulässig, aber nicht berechtigt ist.
Die Auslegung des § 29 Abs 6 Banken-KollV durch das Berufungsgericht ist laut OGH zutreffend. § 29 Abs 6 Banken-KollV enthält Bestimmungen über die Bezüge im Krankheitsfall. Dessen Anwendung setzt demnach einen Krankenstand des AN voraus. Die Regelung erweitert die Pflicht des AG zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 8 Abs 1 AngG) zu Gunsten des AN.
Die Vereinbarung einer Wiedereingliederungsteilzeit nach § 13a AVRAG setzt hingegen die (vollständige) Arbeitsfähigkeit des AN voraus. Bei der Wiedereingliederungsteilzeit handelt es sich um keinen Teilkrankenstand. Für die Dauer der Wiedereingliederungsteilzeit entfällt nicht der Anspruch des AN auf laufendes Entgelt iSd § 29 Abs 6 Banken-KollV, sondern er hat einen entsprechend der vereinbarten Arbeitszeitverkürzung herabgesetzten Entgeltanspruch. Die sozialrechtliche Flankierung der Wiedereingliederungsteilzeit erfolgt durch das dem AN aliquot der verkürzten Arbeitszeit zustehende Wiedereingliederungsgeld (§ 143d Abs 1 bis 3 ASVG). Dieses errechnet sich aus dem erhöhten Krankengeld nach § 141 Abs 2 ASVG. Sonderzahlungen sind bei dessen Bemessung im Ausmaß eines Zuschlags von 17 % zu berücksichtigen. Dieser Zuschlag darf aber ein Sechstel der Höchstbeitragsgrundlage nicht übersteigen (§ 125 Abs 3 ASVG iVm § 21 Abs 2 der Satzung der Österreichischen Gesundheitskasse [ÖGK]). Damit soll der dem AN entstehende Einkommensverlust teilweise ausgeglichen werden.
Laut OGH ist § 29 Abs 6 Banken-KollV so auszulegen, dass er nicht auf die Wiedereingliederungsteilzeit anzuwenden ist. Der Wortlaut „wegen einer langandauernden Erkrankung
“ in § 29 Abs 6 Banken-KollV kann nicht für sich alleine zum Verständnis der Bestimmung herangezogen werden. Im Zusammenhang mit dem übrigen Wortlaut des Abs 6 („Entgelt … wegen … Erkrankung … entfällt
“), der Überschrift des § 29 KollV („Bezüge im Krankheitsfall“) und der kollektivvertraglichen Regelung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements in § 29a Banken-KollV (systematische Interpretation) ist § 29 Abs 6 so auszulegen, dass er nicht auf die Wiedereingliederungsteilzeit anzuwenden ist. Der in der Revision ins Treffen geführte (kausale) Zusammenhang zwischen einer lang andauernden Erkrankung und der Wiedereingliederungsteilzeit ist selbstverständlich gegeben, trägt aber die von der Kl gewünschte Auslegung des § 29 Abs 6 Banken-KollV nicht. Während der Wiedereingliederungsteilzeit entfällt nicht teilweise das laufende Entgelt wegen der Erkrankung, sondern wegen der nach Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit vorgenommenen Arbeitszeitverkürzung.
Dieser vom Senat vorgenommenen Auslegung steht auch der erkennbare Zweck der Regelung nicht entgegen. § 29 Abs 6 Banken-KollV soll dem AN im Krankheitsfall einen Anspruch auf Sonderzahlung gewähren, der ihm nach dem Gesetz (§ 8 Abs 1, § 16 AngG) nicht zustünde. Hätten die Kollektivvertragsparteien nach Einführung des Wiedereingliederungsteilzeitgesetzes mit 1.7.2017 ihre zu diesem Zeitpunkt bereits für den Krankheitsfall bestehende Regelung des § 29 Abs 6 Banken-KollV auch auf die Wiedereingliederungsteilzeit angewendet wissen wollen, wäre zudem zu erwarten gewesen, dass diese Absicht im Kollektivvertragstext einen entsprechenden Niederschlag (etwa in § 29a Abs 2 KollV) gefunden hätte.
Laut OGH führt die Differenzierung zwischen AN, die aufgrund einer Beendigung des Entgeltfortzahlungsanspruchs gar keinen Anspruch auf laufendes Entgelt mehr haben, und AN, die aufgrund einer Wiedereingliederungsteilzeit Anspruch auf einen 161 Teil der laufenden Bezüge haben, nicht zu einer (unsachlichen) Ungleichbehandlung von AN, weil sich die Sachverhalte in der Ursache der Entgelteinbuße (Krankheit versus Arbeitszeitverkürzung) unterscheiden. Der Revision der Kl war daher nicht Folge zu geben.