82Keine Kostenübernahme für Misteltherapie als Außenseitermethode
Keine Kostenübernahme für Misteltherapie als Außenseitermethode
Mit Bescheid vom 9.7.2020 lehnte die Bekl den Antrag der Kl auf Gewährung des Präparats „ISCADOR-M, AMP SER 0 2x7 14 ST“ – in der Folge ISCADOR oder Misteltherapie – laut Verordnung eines Facharztes für Innere Medizin ab. Mit ihrer Klage begehrte die Kl die Übernahme der Kosten für das Präparat im gesetzlichen Ausmaß. Die Bekl wandte ein, dass ISCADOR nicht im Erstattungskodex (EKO) enthalten sei und es keinen eindeutigen Nachweis für eine therapeutische Wirksamkeit gäbe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren auch im zweiten Rechtsgang ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kl ebenso wenig Folge und begründete die Entscheidung damit, dass die Kl die zur Verfügung stehenden schulmedizinischen Behandlungsmethoden zur Behandlung der Nebenwirkungen der Tumortherapie nicht angewandt habe, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, dass diese Behandlungsmethoden im Falle der Kl nicht erfolgreich bzw jedenfalls mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden gewesen wäre. Darüber hinaus stehe weder eine statistisch untermauerte erfolgreiche Anwendung des Präparats ISCADOR für die hier zu beurteilende Behandlung fest, noch wurde festgestellt, dass das Präparat tatsächlich im Fall der Kl eine Verbesserung ihrer Symptome bewirkt habe.
Der OGH wies die außerordentliche Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zurück.
Die Kl stellt in ihrer außerordentlichen Revision die Anwendung der Rsp zur Übernahme von Kosten von „Außenseitermethoden“ nicht in Frage, argumentiert jedoch, dass die Anwendung keine Außenseitermethode sei, weil es sich um eine nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft anerkannte Behandlungsmethode handle.
Der OGH führt dazu aus: Aus den Feststellungen des Erstgericht ergibt sich, dass die Therapie mit ISCADOR, einem „Anthroposophikum“, zur unterstützenden Behandlung zum Zweck der Verbesserung der Lebensqualität während oder nach einer Standardtherapie zur Therapie einer Krebserkrankung zugelassen ist und es sich um eine nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft anerkannte Behandlungsmethode für den zugelassenen Bereich handelt. Festgestellt wurde aber auch, dass es sich um keine Standardtherapie handelt und eine Heilung der Grunderkrankung durch die Misteltherapie nicht zu erwarten ist. Die Kl empfindet zwar subjektiv eine Verbesserung der sich aus den Nebenwirkungen ergebenden Symptome, die Verbesserung der Lebensqualität ist aber auch auf die Wirkungen der Therapie der Krebserkrankung zurückzuführen. Der OGH betont – wie in stRsp –, dass der EKO den Anspruch der Patienten auf eine ausreichende und zweckmäßige Krankenbehandlung nicht einschränkt und hält fest, dass Versicherten alle erhältlichen Medikamente verordnet werden können, wenn dies im einzelnen Behandlungsfall den gesetzlich festgelegten Kriterien einer ausreichenden, zweckmäßigen und das Maß des Notwendigen nicht überschreitenden Krankenbehandlung dient. Versicherte können daher im Einzelfall den Beweis erbringen, dass eine wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannt gesicherte Methode erforderlich und zweckmäßig war. Wenn das Berufungsgericht aus Basis der Feststellungen des Erstgerichts zu dem Ergebnis kommt, dass der Kl dieser Beweis nicht gelungen ist, so ist das nach Ansicht des OGH nicht korrekturbedürftig. Der OGH hält weiters fest, dass unter einer „Außenseitermethode“ eine Behandlungsmethode zu verstehen ist, die nicht der wissenschaftlich bereits erprobten Schulmedizin zuzuordnen ist, dennoch aber auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht. Der OGH betont, dass für ISCADOR ein medizinisch-wissenschaftlicher Nachweis der Wirksamkeit fehlt und darüber hinaus auch nicht feststeht, dass die Therapie bei der Kl erfolgreich war. Nach der höchstgerichtlichen Rsp setzt ein Kostenersatz voraus, dass eine zumutbare erfolgversprechende Behandlung nach wissenschaftlich 181 anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst nicht zur Verfügung stand oder eine solche versucht wurde und erfolglos blieb, während die „Außenseitermethode“ beim Versicherten erfolgreich war oder sich ex ante betrachtet als erfolgversprechend darstellte. Nicht wesentlich ist, nach Ansicht des OGH, das von der Kl vorgebrachte Argument, dass die Kosten der „Außenseitermethode“ niedriger wären als jene im Vergleich zu schuldmedizinischen Behandlungsmethoden.