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Versehrtenrente: Reduktion der Bemessungsgrundlage bei kurzer Erwerbstätigkeit

FabianGamper

Der Kl hat am 2.10.2017 ein unbefristetes Dienstverhältnis im Umfang einer Vollzeitbeschäftigung abgeschlossen. Am zweiten Tag erlitt er einen Arbeitsunfall und in weiterer Folge wurde das Dienstverhältnis im Probemonat aufgelöst. In den Jahren 2016 und 2017 war der Kl neben dem Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe nur geringfügig beschäftigt gewesen.

Die Bekl hat die Bemessungsgrundlage der für den Arbeitsunfall vom 3.10. ab 4.10.2017 gebührende Dauerrente nach billigem Ermessen mit € 5.929,80 (Geringfügigkeitsgrenze 2017 x 14) festgesetzt. Das Erst- und Berufungsgericht bestätigten diese Entscheidung, da die Festsetzung nach § 179 Abs 4 ASVG Unbilligkeit bedeutet hätte. Die außerordentliche Revision wurde vom OGH mangels einer 183Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gem § 502 ZPO zurückgewiesen.

Dazu führt der OGH aus: Der Bemessungszeitraum für die Geldleistungen der UV ist immer ein volles Jahr. Wenn die Versicherung vor dem Eintritt des Versicherungsfalls insgesamt kürzer als sechs Wochen gedauert hat, ist grundsätzlich die Bemessungsgrundlage gem § 179 Abs 4 ASVG anhand jener Beitragsgrundlagen zu errechnen, die für Versicherte derselben Art mit ähnlicher Ausbildung in derselben Gegend zutreffen, zu bilden. Gem § 182 Satz 1 Halbsatz 2 ASVG kann jedoch von der Berechnung nach §§ 179 bis 181b ASVG abgewichen werden, wenn dieses Ergebnis unbillig ist.

Bei der Festsetzung der Bemessungsgrundlage nach billigem Ermessen ist auf die Fähigkeiten, die Ausbildung und die Lebensstellung des Versehrten, auf seine Erwerbstätigkeit zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls, oder soweit er nicht gegen Entgelt tätig war, auf eine gleichartige oder vergleichbare Erwerbstätigkeit Bedacht zu nehmen. Dabei ist die Gesamtsituation des Versicherten zu berücksichtigen. Die Bemessungsgrundlage soll ein Spiegel der wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten im letzten Jahr vor dem Unfall sein. In welchen Fällen die Festsetzung der Bemessungsgrundlage nach Billigkeit zulässig ist, kann nur nach den Besonderheiten des Einzelfalls entschieden werden und die außerordentliche Revision des Kl vermag nach Ansicht des OGH keine Überschreitung des den Vorinstanzen eingeräumten Ermessensspielraums aufzuzeigen.

Anmerkung des Bearbeiters:

Mit dieser Entscheidung wird implizit ausgesagt, dass die „wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten im letzten Jahr“ vorranging anhand der ausgeübten Erwerbstätigkeit beurteilt werden und dabei beispielsweise Leistungen aus der AlV unberücksichtigt bleiben.