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Mountainbike-Unfall eines Alpinpolizisten im Rahmen des Dienstsports nicht vom Schutzbereich der Unfallversicherung erfasst

SophiaMarcian-Eroglu

Betriebssport kann als versicherte Tätigkeit bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen unter dem Schutz der gesetzlichen UV stehen. Damit das Vorliegen von Betriebssport zu privat ausgeübtem Sport unfallversicherungsrechtlich abgegrenzt werden kann, ist es Voraussetzung, dass die regelmäßige sportliche, dem Ausgleich dienende Betätigung vom DG für DN des Unternehmens organisiert und veranstaltet wird.

Sachverhalt

Der Kl ist Kriminalbeamter und etwa 20 % seiner dienstlichen Tätigkeit auch als Alpinpolizist beschäftigt. Im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Alpinpolizist hat der Kl die Möglichkeit, im Rahmen seiner Dienstsportstunden (jährlich 20 Stunden) sowie teilweise auch während des Regeldienstes Sport auszuüben. 190 Dies ist vorab beim Dienststellenleiter zu melden. Da besonders bei Alpinpolizisten ein großes Interesse an der Fitness der Beamtinnen und Beamten seitens des AG (BMI) besteht, können auch Sportarten wie Mountainbiken als Dienstsport zählen.

Am 5.5.2022 verunfallte der Kl bei einem solchen Mountainbike-Training und verletzte sich an der Schulter. Dies geschah aber nicht im Rahmen der Dienstzeit, sondern in der Freizeit des Kl. Er hatte aber, wie vorgesehen, zwei Stunden Dienstsport bei seinem Vorgesetzen angemeldet.

Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) lehnte die Anerkennung als Dienstunfall mittels Bescheid ab. Dagegen richtete sich die Klage des Beamten.

Verfahren und Entscheidung

Das Erstgericht sprach dem Kl eine Versehrtenrente auf Basis einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % für vier Monate zu.

Die bekl Unfallversicherungsanstalt erhob Berufung gegen das Urteil. Das Berufungsgericht bestätigte die Rechtsansicht der Bekl, wies die Klage ab und hielt in seiner Begründung fest, dass aus objektiver Betrachtung zwischen der dienstlichen Tätigkeit des Kl und dem Mountainbike-Unfall kein Zusammenhang bestünde. Die Förderung von Dienstsport seitens des AG des Kl (BMI) könne den Schutzbereich der gesetzlichen UV nicht erweitern.

Der Kl erhob gegen diese Entscheidung eine außerordentliche Revision. Mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung wurde diese vom Höchstgericht zurückgewiesen.

Originalzitate aus der Entscheidung

1. Gemäß § 90 Abs 1 B-KUVG setzt die Anerkennung als Dienstunfall voraus, dass sich der Unfall im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem die Versicherung begründenden Dienstverhältnis ereignet hat (RS0084229). Zur Auslegung des B-KUVG sind Lehre und Rechtsprechung zu den entsprechenden Bestimmungen des ASVG heranzuziehen (RS0110598 [T2]). Die Beurteilung des Bestehens einer sachlichen Verknüpfung zwischen einem zum Unfall führenden Verhalten und der versicherten Tätigkeit hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (10 ObS 158/20p SSV-NF 35/9). […]

2.1 Maßnahmen eines Versicherten, die er setzt, um seine körperliche und geistige dienstliche Leistungsfähigkeit aufzubringen oder zu erhalten, stehen grundsätzlich nicht mit der dienstlichen Tätigkeit in einem unmittelbaren Zusammenhang; das Risiko der dienstlichen Leistungsfähigkeit fällt in der Regel in den unversicherten eigenwirtschaftlichen Bereich (RS0084963 [T2], zuletzt 10 ObS 97/19s SSV-NF 33/54 mwH).

2.2 Der Betriebssport kann als versicherte Tätigkeit hingegen nach der Rechtsprechung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen […].

2.3 Dazu hat der Oberste Gerichtshof in der vom Berufungsgericht berücksichtigten Entscheidung 10 ObS 158/20p ausgeführt, dass es erstens für die Qualifikation als Dienstunfall auch im Rahmen von Betriebssport nicht genügt, dass nur eines der nach § 90 B-KUVG maßgeblichen Kriterien erfüllt ist (Rn 18). Zweitens kann der Erlass des BMI (vgl dazu 10 ObS 13/20i SSV-NF 34/12) zwar eine bestimmte Sportart als mögliche, die Gesundheit und Fitness fördernde Art von „Dienstsport“ nennen – hier: Mountainbiken –, für die Frage aber, ob ein Unfall, der sich während der Ausübung dieser Sportart ereignet, vom Schutz der Unfallversicherung umfasst ist, sind die Bestimmungen des B-KUVG maßgeblich (Rn 17). Drittens unterliegen sportliche Betätigungen nach ständiger Rechtsprechung (nur) dann dem Schutz der Unfallversicherung, wenn sie als betriebssportliche Veranstaltung zu werten sind.

3.1 Die entscheidende Frage, ob die unfallverursachende Handlung mit dem die Versicherungspflicht auslösenden Dienstverhältnis (§ 90 Abs 1 B-KUVG) in einem inneren Zusammenhang steht, beurteilt sich nach subjektiven und objektiven Kriterien. Die betreffende Handlung muss von der versicherten Person mit der Intention gesetzt werden, ihrer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachzukommen (subjektive Seite); die Handlung muss darüber hinaus aber auch objektiv, das heißt von der Warte eines Außenstehenden, als Ausübung oder als Ausfluss dieser Erwerbstätigkeit angesehen werden können (10 ObS 260/93 SSV-NF 8/8; 10 ObS 75/93 SSV-NF 7/59; RS0084680).

3.2 Damit das Vorliegen von Betriebssport zu privat ausgeübtem Sport unfallversicherungsrechtlich abgegrenzt werden kann, ist nach der dargestellten Rechtsprechung Voraussetzung, dass die regelmäßige sportliche, dem Ausgleich dienende Betätigung vom Dienstgeber für Dienstnehmer des Unternehmens organisiert und veranstaltet wird (R. Müller in SV-Komm [301. Lfg] § 175 ASVG Rz 79; nach der deutschen Rechtsprechung müssen die Übungen „im Rahmen einer unternehmensbezogenen Organisation“ stattfinden, BSG B 2 U 29/04 R; Krasey, SGB VII, § 8 Rn 258 mwH; Greiner aaO 585, 588, sieht hier das maßgebliche Abgrenzungskriterium).

3.3 Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass es auch im vorliegenden Fall – wie in dem zu 10 ObS 158/20p entschiedenen Sachverhalt – an einer in diesem Sinn wesentlichen Organisation, Beaufsichtigung oder Finanzierung des Mountainbikens durch den Dienstgeber fehlt, sodass es bereits bei objektiver Betrachtung am geforderten inneren Zusammenhang der sportlichen Aktivität des Klägers im Unfallszeitpunkt mit seiner versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit fehlte, ist nicht korrekturbedürftig. Nach den Feststellungen bestand der einzige Bezugspunkt zur dienstlichen 191 Tätigkeit in der Meldung des Mountainbikens durch den Kläger an den Dienstgeber und die Verzeichnung von – außerhalb der Dienstzeit liegenden – „Plusstunden“ durch diesen. […]

Erläuterung

Sowohl das Berufungsgericht als auch der OGH konnten schon nach den allgemeinen Kriterien der Zurechnung einer Handlung zur unfallversicherungsgeschützten Tätigkeit die Mountainbike-Tour des Beamten nicht als in Ausübung der Erwerbstätigkeit qualifizieren. Dazu fehlte das notwendige objektive Element, die Zurechnung durch einen Unbeteiligten, der diese Handlung als Teil der beruflichen Tätigkeit verstanden hätte, selbst wenn man nach den Umständen dieses Falles die subjektive Voraussetzung, also die Absicht des Beamten, das Mountainbike-Fahren im Rahmen des Dienstsport auszuüben, bejahen konnte.

Der OGH bestätigt in seinem Zurückweisungsbeschluss die richtige Anwendung der aktuellen höchstgerichtlichen Rsp (OGH 19.1.2021, 10 ObS 158/20p) zur Abgrenzung von Betriebssport und Sport, der in den privaten Bereich der Versicherten fällt, durch das Berufungsgericht. Dabei kommt es im Wesentlichen darauf an, ob die Rahmenbedingungen für die sportliche Betätigung vom DG gestaltet wurden. Die Rsp setzt für das Vorliegen eines vom Unfallversicherungsschutz umfassten Betriebssports voraus, dass der DG die Organisation und Durchführung eines idR regelmäßigen, sportlichen Ausgleichs für die Beschäftigten übernimmt. Diese Voraussetzungen waren im gegenständlichen Fall nach dem festgestellten Sachverhalt nicht gegeben, ein reines Interesse des BMI an der Fitness seiner Beamt:innen und dass diese Stunden zum Teil als Dienstzeit angerechnet werden können, war nicht ausreichend.