Ungültige Vereinbarung einer Probezeit bei einem einmonatigen befristeten Arbeitsverhältnis mit einem Ferialpraktikanten
Ungültige Vereinbarung einer Probezeit bei einem einmonatigen befristeten Arbeitsverhältnis mit einem Ferialpraktikanten
Gerade im Sommer stellen sich bei Absolvierung von Praktika rechtliche Fragen wie in folgendem Fall: Der minderjährige Kl wurde von der Bekl als Praktikant im Bereich Vertrieb/Filiale im Ausmaß von 30 Stunden pro Woche eingestellt und ab 1.8.2022 zur SV angemeldet. Auf das Ferialarbeitsverhältnis fand der KollV für Angestellte und Lehrlinge in Handelsbetrieben Österreichs Anwendung und erfolgte dahingehend die Einstufung in die Gehaltstabelle.
Der Kl war auf Grundlage dieses Anstellungsvertrages über ein freiwilliges Praktikum als Ferialarbeiter in einem Sommerferialjob bei der Bekl tätig. Von Seiten der Schule des Kl war dieser Ferialjob nicht lehrplanmäßig vorgeschrieben. Weder der Kl noch die Bekl hatte die Absicht, dieses Ferialbeschäftigungsverhältnis über den 31.8.2022 hinaus fortzusetzen und der Kl wollte sich mit diesem Job im Sommer etwas dazuverdienen.
Die kl Partei befand sich von 12.8.2022 bis inklusive 1.9.2022 im ordnungsgemäß gemeldeten Krankenstand. Mit Schreiben vom 25.8.2022 teilte die Bekl mit, dass das Beschäftigungsverhältnis zum 13.8.2022 beendet wurde. Der Kl wurde mit der Begründung „Lösung in der Probezeit durch Dienstgeber“ rückwirkend im Krankenstand abgemeldet. Im Folgenden wird nur auf die Zulässigkeit der Vereinbarungen von Probezeit und Befristung bei einem Ferialpraktikum eingegangen.
Einerseits können Schüler oder Studenten (in Österreich oder auch im Ausland) zur Erweiterung ihrer Ausbildung oder um sich in den Sommermonaten (oder auch außerhalb) einen Zuverdienst zur Taschengeldaufbesserung zu sichern, freiwillig als Ferialarbeiter ein zeitlich begrenztes Praktikum in einem Unternehmen absolvieren. Andererseits sind solche (Pflicht-)Praktika im Rahmen einer (schulischen) Ausbildung, lehrplanmäßig oder aufgrund der Studienordnung, vorgeschrieben. Dies dient dazu, praktische Tätigkeiten in Ergänzung einer theoretischen Ausbildung zu erlernen und die gelernte Theorie in der Praxis umzusetzen.* Solange die Arbeitsleistung im Vordergrund steht, gelten für Ferial- als auch für Pflichtpraktikanten die gleichen arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie für alle AN, insb müssen sie entsprechend und angemessen entlohnt werden. Ausgenommen davon sind jedoch Volontariate, in denen keine Arbeitsleistung angewiesen wird und auch keine betriebliche Eingliederung erfolgt. Welche Art von Praktikum im Einzelfall vorliegt, hängt nicht von der Organisation oder Bezeichnung per se ab, sondern wird aufgrund der tatsächlichen Ausgestaltung des Praktikums beurteilt.
Ein Arbeits- bzw Dienstverhältnis ist demnach ein Rechtsverhältnis, das insb jemanden für eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet, somit fremdbestimmte Arbeit zum Inhalt hat und auf vertraglicher Grundlage beruht.* Je nach Vereinbarung kann ein derartiges Arbeits- bzw Dienstverhältnis ohne zeitlichen vereinbarten 206Endzeitpunkt unbefristet oder befristet abgeschlossen werden. Liegt keine Bedingung zu einer Befristung vor, ist von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis auszugehen. Eine Befristung wiederum bedarf einer konkreten Vereinbarung* (§ 19 Abs 1, § 20 Abs 1 AngG, § 1158 Abs 4 ABGB ua).
In dem zu beurteilenden Fall erfolgte demnach die Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht vor dem Hintergrund einer Erprobung des Arbeitsverhältnisses, sondern war dem Wesen eines „freiwilligen Praktikums“ mit angewiesener Arbeitstätigkeit geschuldet, dass der minderjährige Kl als Ferialpraktikant während des Sommers durchführte. An eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses über den 31.8.2022 dachte keiner der Streitteile.
Wie unbefristete Arbeitsverhältnisse können auf bestimmte Zeit eingegangene Arbeitsverhältnisse jedenfalls auch durch einvernehmliche Auflösung oder vorzeitig, durch Vorliegen von wichtigen Gründen, beendet werden. Dahingehend schließen Befristung und Kündigung einander jedoch grundsätzlich aus.* Ein befristetes Arbeitsverhältnis kann nur dann zusätzlich durch Kündigung zu einem früheren Termin aufgelöst werden, wenn die Kündigungsmöglichkeit vereinbart wurde und die Dauer der Befristung bzw der Grund der Befristung nicht im Missverhältnis – bei sonstiger Unwirksamkeit iSd § 879 ABGB* – zur Kündigungsmöglichkeit bzw Kündigungsfrist steht. Nach der stRsp des OGH kann bei einer Befristungsdauer ab etwa fünf Monaten (im Einzelfall auch kürzer, zB vier Monate*) im Regelfall rechtsgültig eine Kündigungsmöglichkeit vereinbart werden. In der Entscheidungspraxis des OGH geht dieser davon aus, dass eine Kündigung während der Dauer befristeter Dienstverhältnisse nur bei längerer Befristung zuzulassen ist, um die Vorteile der Bestandsfestigkeit des Dienstverhältnisses nicht durch eine Kündigung zu gefährden.* Die Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit ist jedoch auch dann rechtsunwirksam, wenn diese mit dem Sinn der Befristung im Widerspruch steht. Beispiel: Ausbildungsvertrag bei zahnärztlichen Assistentinnen.*
Darüber hinaus wurde im konkreten Fall dienstvertraglich vereinbart, dass „das Ferialarbeitsverhältnis am 1.8.2022 beginnt und bis zum 31.8.2022 befristet abgeschlossen wird, wobei der erste Monat als Probemonat gemäß § 19 Abs 2 AngG als vereinbart gilt. Während des Probemonats kann das Arbeitsverhältnis von beiden Vertragsparteien jederzeit aufgelöst werden (…). Das Arbeitsverhältnis endet automatisch durch Zeitablauf zum oben angeführten Zeitpunkt, ohne dass es einer weiteren Willenserklärung bedarf.“ Auch der anzuwendende KollV regelt, dass – soweit keine andere Vereinbarung getroffen wurde – für alle Angestellten der erste Monat als Probemonat iSd § 19 Abs 2 AngG gilt.
Im hier zu beurteilenden Spezialfall decken sich nun die kollektivvertraglich vorgesehene und einzelvertraglich vereinbarte Probezeit von einem Monat mit der vereinbarten Befristung des Ferialpraktikums für ein Monat, nämlich vom 1.8.2022 bis 31.8.2022. Eine Kündigungsmöglichkeit wurde nicht vereinbart. Da das zwischen dem Kl und der Bekl vorliegende Arbeitsverhältnis nur den Zweck einer Ferialbeschäftigung im Ausmaß von einem Monat hatte, war Sinn und Zweck eines Arbeitsverhältnisses auf Probe von vornherein verfehlt, da nach einer anfänglichen Phase des Kennenlernens das Arbeitsverhältnis schon (beinahe) wieder beendet gewesen wäre. Somit lag materiell betrachtet kein Arbeitsverhältnis auf Probe (mit jederzeitiger Lösbarkeit) vor, sondern ein gewöhnliches befristetes Arbeitsverhältnis.
Es gab weder eine vereinbarte Kündigungsmöglichkeit noch konnte auf die kollektivvertragliche Regelung (diese sieht die Anwendung des § 20 AngG und bei Kündigung durch den AG im ersten und zweiten Arbeitsjahr eine Kündigungsfrist von sechs Wochen vor) zurückgegriffen werden.
Im Ergebnis kann im Hinblick auf die Kürze der Befristung des Dienstverhältnisses auch nicht von einem angemessenen Verhältnis zwischen der Befristung und der Kündigungsmöglichkeit bzw Kündigungsfrist gesprochen werden, weshalb eine Zulässigkeit der von der bekl Partei vor Ablauf der Befristung vorgenommenen Lösung des Arbeitsverhältnisses nicht vorliegt.*
Bei oben geschildertem Sachverhalt kam das Erstgericht somit richtigerweise zum Ergebnis, dass die dienstvertraglich vereinbarte Probezeit in einem Missverhältnis zur Befristung steht. Eben aufgrund dieser Unverhältnismäßigkeit und dem deckungsgleichen Zeitraum stand dem Kl bei vorliegender fristwidriger AG-Kündigung als Kündigungsentschädigung jenes Entgelt zu, das ihm bei einer ordnungsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszubezahlen gewesen wäre. 207
In der Praxis kommen derartige unzulässige Vereinbarungen (leider) immer häufiger vor und ist es letztlich schade, dass das positive erstinstanzliche Urteil unbestritten blieb. Einerseits, da die Rechtslage zu Praktika in Österreich durch das Fehlen einer gesetzlichen Definition des Praktikumsbegriffs gekennzeichnet ist und der bisherigen höchstrichterlichen Rsp daher bei der Bestimmung des Rechtsstatus quo eine besondere Rolle zukommt. Andererseits, da die Beschäftigung in Form von Praktika regelmäßig eine Umgehung arbeits- und sozialrechtlicher Regelungen darstellt. Bietet sich für viele die Möglichkeit, erste Arbeitserfahrung und Einblicke in spezifische Berufsfelder zu erhalten und achten angesichts der gebotenen Chance jedoch die wenigsten auf die Einhaltung rechtlicher Bestimmungen.208