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Keine besondere Berücksichtigung des Lebensalters für Kündigungsschutz bei ab dem 50. Lebensjahr eingestellten Arbeitnehmern

KlausBachhofer
§ 105 Abs 3b zweiter und dritter Satz ArbVG

Nach § 105 Abs 3b zweiter und dritter Satz ArbVG sind bei älteren AN sowohl bei der Prüfung, ob eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, als auch beim Vergleich sozialer Gesichtspunkte der Umstand einer vieljährigen ununterbrochenen Beschäftigungszeit im Betrieb oder Unternehmen, dem der Betrieb angehört, sowie die wegen des höheren Lebensalters zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess besonders zu berücksichtigen. Dies gilt nicht für AN, die zum Zeitpunkt ihrer Einstellung das 50. Lebensjahr vollendet haben.

Zur Auslegung dieser Bestimmung hat der OGH in der E 9 ObA 86/19s vom 30.10.2019 unter Bezugnahme sowohl auf Vorjudikatur als auch Literatur ausführlich Stellung genommen.

So wurde in der Vorentscheidung darauf verwiesen, dass Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Regelung dafürsprächen, dass Wiedereingliederungsschwierigkeiten bei nach dem 50. Lebensjahr eingestellten AN, deren Dienstverhältnis in den ersten zwei Beschäftigungsjahren endet, nicht in „besonderem“ Ausmaß zu berücksichtigen sind, womit aber eine „normale“ Berücksichtigung wie auch sonst verbleibt. Dieses Verständnis werde auch durch die letzte Novelle bestätigt. Aus dem Ausschussbericht zur letzten Novelle gehe als Wille des Gesetzgebers hervor, dass „das Alter nicht mehr gesondert, sondern nach demselben Maßstab wie bei jüngeren Arbeitnehmer/innen herangezogen werden“ solle. Das bedeute nichts anderes, als dass bei jüngeren und älteren (50+) AN für die Frage der Wiedereingliederungsschwierigkeiten derselbe Prüfmaßstab – nicht aber dasselbe Alter – angelegt werden solle. Nur ältere AN, die zum Zeitpunkt ihrer Einstellung das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, kämen danach iSd Satzes 2 noch in den Genuss einer besonderen Berücksichtigung von altersbedingten Wiedereingliederungsschwierigkeiten. Während der zweite Satz leg cit das Schutzniveau älterer AN höher ansetze, schwäche der dritte Satz leg cit dieses gesteigerte Schutzniveau wieder auf ein Normalniveau für AN, die ab 50 eingestellt wurden, wieder ab. Im Ergebnis bedeute das, dass aufgrund des konkreten Lebensalters zu erwartende Wiedereingliederungsschwierigkeiten bei ab dem 50. Lebensjahr eingestellten (noch nicht zwei Jahre beschäftigten) AN im Rahmen der Prüfung der Interessenbeeinträchtigung eines AN nach ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung für ihn nicht „besonders“, sondern wie bei einem jüngeren AN, das heiße „gewöhnlich“ zu berücksichtigen seien.

Dass die mit dem jeweiligen Alter zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt danach nicht zur Gänze auszublenden seien, unterwandere bei über dem 50. Lebensjahr eingestellten AN auch noch nicht die gesetzliche Intention einer Einstellungsförderung bei 50+-AN, weil in jedem Einzelfall die Gesamtsituation eines gekündigten AN zu berücksichtigen sei. Eine abstrakte, alterslose Beurteilung würde nicht nur dem Prinzip widersprechen, dass die individuelle Interessenbeeinträchtigung des gekündigten AN festzustellen sei, sondern ließe auch offen, welches Alter dafür als Vergleichsalter anzunehmen wäre. Altersbedingte Wiedereingliederungsschwierigkeiten könnten schon bei zB 35- oder 45-jährigen AN unterschiedlich sein.

Dem Argument der Bekl, dass bei dieser Auslegung für die Einschränkung nach Satz 3 kein Anwendungsbereich verbleibe, folgte der OGH nicht. Würde der Gesetzgeber über die ohnehin auf den jeweiligen Einzelfall abgestellte Berücksichtigung des Alters hinaus bei der Arbeitsplatzsuche keine aus dem Alter resultierenden Faktoren als relevant erachten, wäre auch die Anordnung einer besonderen Berücksichtigung in Satz 2 nicht erforderlich. Abzustellen ist daher auf allfällige besondere Erschwernisse und Beeinträchtigungen, die sich aufgrund des Alters aus einer Arbeitsplatzsuche ergeben, ohne dass dazu generalisierende Aussagen getroffen werden können.