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Prüfung der beruflichen Rehabilitierbarkeit trotz dauerhafter Invalidität

MONIKAWEIßENSTEINER

Der 1965 geborene Kl, ein gelernter Spengler, bezog von 1.6.2009 bis 30.11.2014 eine befristete Invaliditätspension. Der Antrag auf Weitergewährung wurde mangels Vorliegens dauernder Invalidität abgelehnt, es wurde jedoch vorübergehende Invalidität festgestellt, als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation sei der weitere Krankheitsverlauf abzuwarten. Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation wurden als nicht zweckmäßig festgestellt. In der Klage wurde die Weitergewährung der Invaliditätspension begehrt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und sprach (wie im Bescheid) das Rehabilitationsgeld wegen vorübergehender Invalidität zu. Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge, weil dem Kl der Beweis der dauernden Invalidität nicht gelungen sei. Nach den Feststellungen sei zwar derzeit auf Grund des schlechten Gesundheitszustandes eine berufliche Rehabilitation nicht möglich, bei optimaler Behandlung sei aber eine Umschulbarkeit binnen weniger Monate erreichbar.

Der OGH hob die Urteile auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Nach dem festgestellten Sachverhalt kann der Kl aus medizinischen Gründen108 weder den Beruf als Spengler noch den Beruf als Spenglermeister ausüben, weil er nicht an höhenexponierten Stellen arbeiten kann. Hinsichtlich dieser Einschränkungen ist auch in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit – weder durch Krankenbehandlung noch durch medizinische Rehabilitation – eine Besserung zu erwarten. Dem Kl ist somit der Beweis der „voraussichtlich dauerhaften“ Invalidität gem § 254 Abs 1 Z 1 ASVG gelungen. Eine Besserung nach dem Schluss der Verhandlung erster Instanz hat außer Betracht zu bleiben, weil alle Anspruchsvoraussetzungen zu einem Stichtag vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz erfüllt sein müssen. Die Sache ist aber noch nicht entscheidungsreif, weil Feststellungen zur beruflichen Rehabilitierbarkeit fehlen. Stellt sich wie im vorliegenden Fall erst im Sozialgerichtsverfahren heraus, dass dauernde Invalidität vorliegt, hat das Gericht von Amts wegen die negative Anspruchsvoraussetzung des § 254 Abs 1 Z 2 ASVG zu prüfen, somit ob eine berufliche Rehabilitation zweckmäßig und zumutbar ist. Dafür kann auf die Grundsätze der OGH-E vom 26.2.2013, 10 ObS 107/12a, zurückgegriffen werden, obwohl diese zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des SRÄG 2012 (als gem § 253e ASVG noch ein Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation bestand) ergangen ist: Die Frage der beruflichen Rehabilitation ist mit den Parteien zu erörtern, wobei der Bekl Gelegenheit zu geben ist, zur Zweckmäßigkeit und Zumutbarkeit der beruflichen Rehabilitation Stellung zu nehmen, weiters ist eine angemessene Frist zur Klärung der Zumutbarkeitsfrage zu geben und ein Berufsfindungsverfahren durchzuführen (das nicht Sache eines berufskundlichen Sachverständigen ist). Auch der Kl hat dann die Möglichkeit zu erhalten, zu den Ergebnissen Stellung zu nehmen. Da es dazu jedenfalls einer Verhandlung erster Instanz bedarf, war die Rechtssache zur Ergänzung zurückzuverweisen (ebenso: OGH 11.11.2016, 10 ObS 107/16g und OGH 25.11.2016, 10 ObS 139/16p).

ANMERKUNG DER BEARBEITERIN:

Eine ausführliche Besprechung dieser E derselben Autorin erscheint in DRdA 4/2017.