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Krankenstand am Feiertag – verlängerte Entgeltfortzahlungsdauer?

MANFREDTINHOF

Da die Arbeit an einem Arbeitstag, der auf einen Feiertag fällt, schon a priori ausfällt, ist es ohne Belang, ob der AN an diesem Tag gesund oder krank ist. Daher ist für einen in einen Krankenstand fallenden Feiertag das Entgelt weiter zu bezahlen und dieser Tag nicht vom Entgeltfortzahlungsanspruch gem § 2 Abs 1 EFZG in Abzug zu bringen. Der Einwand, die Arbeit sei nicht wegen des Feiertags, sondern wegen der Krankheit ausgefallen, könnte nur für den Fall zutreffen, dass Feiertagsarbeit zulässigerweise vereinbart worden wäre.

Feiertage, die erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegen, sind hingegen in die Entgeltfortzahlungsdauer einzuberechnen und verlängern daher die Anspruchsdauer nach § 2 Abs 1 EFZG nicht. Für einen Feiertag, der nicht in den Zeitraum des noch aufrechten Arbeitsverhältnisses fällt, gebührt kein Feiertagsentgelt nach § 9 Abs 1 ARG.

SACHVERHALT

Eine seit 2.7.2015 als Küchenhilfskraft beschäftigte AN befand sich zuletzt von 29.11.2016 bis zumindest 25.1.2017 im Krankenstand. Am 29.11.2016 wurde sie unter Einhaltung der gebotenen Kündigungsfrist zum 14.12.2016 gekündigt. Sie begehrte Entgeltfortzahlung ab 29.11.2016 sowie auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus (§ 5 EFZG) mit dem Vorbringen, dass Feiertage nicht in den Entgeltfortzahlungszeitraum einzubeziehen seien und diesen somit verlängern.

VERFAHREN UND ENTSCHEIDUNG

Das Erstgericht wies einen Teil des Klagebegehrens mit der Begründung ab, dass in den Entgeltfortzahlungszeitraum fallende Feiertage diesen nicht verlängern würden. Das Berufungsgericht hob das Ersturteil im Umfang des klageabweisenden Teils auf und wies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Prinzipiell verlängerten Feiertage den Entgeltfortzahlungsanspruch, es sei aber noch nicht geklärt, ob die AN am 8.12.2016 mangels Krankenstands gearbeitet hätte. Den gegen diesen Aufhebungsbeschluss gerichteten Rekurs der AG erachtete der OGH für berechtigt. Er hob den Beschluss auf und entschied zufolge Spruchreife durch Endurteil in der Sache selbst.

ORIGINALZITATE AUS DER ENTSCHEIDUNG

„2. […] Da die Arbeit an einem Arbeitstag, der auf einen Feiertag fällt, schon a priori ausfällt, ist es ohne Belang, ob der Arbeitnehmer an diesem Tag gesund oder krank ist. Der dazu erhobene Einwand, die Arbeit sei nicht wegen des Feiertags, sondern wegen der Krankheit ausgefallen, könnte nur für den Fall zutreffen, dass Feiertagsarbeit zulässigerweise vereinbart worden wäre. Die gegenteilige Ansicht, dass im Fall der Kumulation von Krankenstand und Feiertag allein die Bestimmungen des EFZG anzuwenden seien, hätte überdies einen gleichheitswidrigen (gesunde – kranke Arbeitnehmer) Wertungswiderspruch zur Folge, so dass auch aus diesem Grund einer verfassungskonformen Interpretation der Vorzug einzuräumen ist.

3.1. Dieser Rechtsauffassung schloss sich auch der Verwaltungsgerichtshof an (VwGH 23.4.2003, 98/08/0287).

3.2. Auch die herrschende Lehre tritt für einen Vorrang des Feiertagsentgelts vor dem Krankenentgelt ein (Drs in ZellKomm2 § 8 AngG Rz 88; dies, Entgeltfortzahlung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses, DRdA 2011, 285 ff [287]; Kallab/Hauser, Entgeltfortzahlungsgesetz5 § 2 Erl 12, § 3 Erl 4; Burger in Reissner, AngG2 § 8 Rz 9; Kuras, Arbeitsverhältnis27 Kap 7.1; Löschnigg, Arbeitsrecht13 Rz 6/627; Pfeil in Zellkomm2 § 9 ARG Rz 5).

3.3. Die Kritik an dieser Rechtsprechung (insbesondere Schrank, Krankenstände: Verlängern Feiertage wirklich die Entgeltfortzahlungsdauer? ecolex 2001, 387 ff [391]; ders, Arbeitszeit Kommentar4 § 9 ARG Rz 22; Binder, Zur Bemessung und Dauer von Entgeltfortzahlungsansprüchen, ZAS 2007/17, 100 ff [109 f]; Holzer in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 8 Rz 24) stützt sich im Wesentlichen auf die Bestimmung der Anspruchsdauer der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach ‚Wochen‘. Es bedürfte daher einer gesetzlichen Unterbrechungsanordnung für den Lauf des Krankenentgeltzeitraums, um eine solche zu bewirken. Diese fehle jedoch.

4. Diese Überlegungen geben keinen Anlass, von der Entscheidung 9 ObA 2060/96y abzugehen. Entscheidend ist nach Ansicht des Senats noch immer die Überlegung, dass dem Entgeltfortzahlungsgesetz zugrunde liegt, dass ein Tag, an dem normalerweise gearbeitet würde, von der Entgeltfortzahlung erfasst wird, wenn wegen Krankheit (oder Unfall) nicht gearbeitet werden kann. Eine Arbeitsverhinderung kann nur in Zeiten bestehen, in denen der Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überhaupt verpflichtet ist (9 ObA 11/13b; 9 ObA 10/18p). An einem Feiertag, an dem der Arbeitnehmer im Regelfall nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, ist er auch nicht ‚an der Leistung seiner Arbeit verhindert‘ (vgl § 2 Abs 1 EFZG). […]

6.1. Die Klägerin hat sich schon im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich auf die vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 9 ObA 2060/96y vertretene Rechtsauffassung gestützt.226

Es wäre diesfalls an der Beklagten gelegen, ein Vorbringen dahin zu erstatten, dass die Klägerin ausnahmsweise am 8.12.2016 eine Arbeitspflicht getroffen hätte (vgl RIS-Justiz RS0120056 [T4]; RS0037300 [T2, T41]). Die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils durch das Berufungsgericht, um einer Partei erst das Nachholen von allenfalls versäumtem Vorbringen zu ermöglichen, ist nicht zulässig (RIS-Justiz RS0042444; Kodek in Rechberger, ZPO4 § 496 Rz 4).

Für die Frage der ausnahmsweisen Arbeitspflicht der Klägerin am Feiertag des 8.12.2016 trifft daher die Beklagte die Beweislast. Dieser gesetzliche Feiertag, für den somit keine Entgeltfortzahlung nach § 2 Abs 1 EFZG gebührt, schiebt daher das Ende der Entgeltfortzahlung um einen Tag hinaus. […]

6.2. Die Feiertage, die erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegen (26.12.2016 und 6.1.2017), sind hingegen in die Entgeltfortzahlungsdauer einzuberechnen und verlängern daher die Anspruchsdauer nach § 2 Abs 1 EFZG nicht. Für einen Feiertag, der nicht in den Zeitraum des noch aufrechten Arbeitsverhältnisses fällt, gebührt kein Feiertagsentgelt nach § 9 Abs 1 ARG.“

ERLÄUTERUNG

Der OGH hatte die Fragen zu klären, welche Regelung konkret anzuwenden ist, wenn die Voraussetzungen beider Entgeltfortzahlungstatbestände (§ 2 Abs 1 EFZG und § 9 Abs 1 ARG) zusammentreffen, also ein AN an einem Feiertag krank ist, und ob dieser Feiertag bei der Maximaldauer des Entgeltfortzahlungsanspruchs nach § 2 Abs 1 EFZG einzurechnen ist oder der Feiertag das Ende der Entgeltfortzahlung um einen Tag hinausschiebt. Weiters ging der OGH darauf ein, wie vorzugehen ist, wenn an einem in den Krankenstand fallenden Feiertag gearbeitet worden wäre und differenziert in der Folge auch noch zwischen im aufrechten Arbeitsverhältnis liegenden oder erst danach anfallenden Feiertagen.

Zunächst ist festzuhalten, dass der OGH seine in der E 9 ObA 2060/96y (= infas 1997 A 8) vertretene Rechtsmeinung aufrechterhält: Für einen in einen Krankenstand fallenden Feiertag sei das Entgelt gem § 9 Abs 1 ARG weiter zu bezahlen und dieser Tag nicht vom Entgeltfortzahlungsanspruch gem § 2 Abs 1 EFZG in Abzug zu bringen, welcher sich somit um einen Tag verlängert. Es wird deutlich ausgesprochen, dass dies dann nicht gilt, wenn der AN an dem in seinen Krankenstand fallenden Feiertag gemäß seiner Diensteinteilung zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen wäre. Dann würde nämlich die Arbeitsleistung aufgrund der Krankheit, nicht aber wegen des Feiertags ausfallen. Dazu hätte die AG aber im vorliegenden Fall ein Vorbringen erstatten müssen, was jedoch nicht geschehen ist. Wäre der AG der Nachweis gelungen, dass der AN am Feiertag gearbeitet hätte, wenn er nicht krank gewesen wäre, hätte sich der Entgeltfortzahlungszeitraum nicht verlängert. Allerdings hätte der AN in diesem Fall – aufgrund des Ausfallprinzips (§ 9 Abs 2 ARG) – Anspruch auf Vergütung derjenigen Stunden gehabt, die er an diesem Feiertag gearbeitet hätte.

Gem § 5 EFZG besteht ua bei – wie hier – im Krankenstand ausgesprochener AG-Kündigung Entgeltfortzahlungsanspruch auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus. Bezüglich der entgeltmäßigen Behandlung von in den Krankenstand fallenden Feiertagen unterscheidet der OGH im vorliegenden Judikat zwischen denjenigen, die in den Zeitraum des Dienstverhältnisses fallen und denjenigen, die erst danach folgen: Erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses liegende Feiertage sind – im Unterschied zu den davor liegenden – in die Entgeltfortzahlungsdauer nach § 2 Abs 1 EFZG einzuberechnen und verlängern diese nicht, da für einen Feiertag außerhalb des Dienstverhältnisses kein Feiertagsentgelt nach § 9 Abs 1 ARG gebührt.

Meines Erachtens ist bei Vorliegen einer der folgenden Beendigungsarten – die in diesem Fall nicht gegeben sind, aber in der arbeitsrechtlichen Beratungspraxis häufig vorkommen – auch noch eine weitere Unterscheidung zu treffen: Sollte das Arbeitsverhältnis durch fristwidrige AG-Kündigung, unberechtigte Entlassung oder berechtigten vorzeitigen Austritt beendet worden sein und dem AN daher Schadenersatz in Form einer Kündigungsentschädigung zustehen, ist der AN so zu stellen, wie wenn er ordnungsgemäß gekündigt worden wäre. Das bedeutet aber wiederum, dass ein in die fiktive Kündigungsfrist fallender Feiertag in gleicher Weise wie ein Feiertag im aufrechten Arbeitsverhältnis zu behandeln ist. Der Feiertag wäre somit nicht in den Entgeltfortzahlungszeitraum gem § 2 Abs 1 EFZG einzurechnen. Erst nach Verstreichen des Zeitraums, für den Kündigungsentschädigung zusteht, und der Fortsetzung des Krankenstandes mit Entgeltfortzahlungsanspruch würde ein Feiertag wie ein normaler Kalendertag in die Entgeltfortzahlung integriert.

Im gegenständlichen Fall gelangte der OGH zum Ergebnis, dass nur für den 8.12.2016 Feiertagsentgelt zusteht, nicht jedoch für die Feiertage gegen Ende des Jahres 2016 und zu Beginn des Jahres 2017, da diese außerhalb des am 14.12.2016 beendeten Arbeitsverhältnisses lagen.227