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Keine Ausfallshaftung des Insolvenz-Entgelt-Fonds für unbeglichene Entgeltansprüche aus der Zeit der Insolvenz bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses erst nach Insolvenzaufhebung

MARGITMADER

Nach § 3a Abs 2 Z 5 IESG gebührt Insolvenz-Entgelt bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses als Ausfallshaftung, wenn nach der Berichtstagsatzung oder – findet keine solche statt – nach Ablauf des Zeitraums nach § 3a Abs 5 oder 6 bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens der AN infolge der ersten nicht vollständigen Zahlung des ihm zukommenden Entgelts (ausgenommen Sonderzahlungen und bestrittene Ansprüche) wegen der ungebührlichen Schmälerung oder Vorenthaltung des gebührenden Entgelts seinen berechtigten vorzeitigen Austritt erklärt oder das Arbeitsverhältnis aus anderen Gründen gelöst wird.

Nach § 3a Abs 4 IESG besteht Anspruch aufgrund der Ausfallshaftung nur dann und insoweit, als der zuständige Verwalter entweder schriftlich erklärt, dass die Insolvenzmasse bzw der AG zur Zahlung nicht oder nicht vollständig in der Lage ist, oder wenn er dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit nach § 124a Insolvenzordnung (IO) angezeigt hat. Mit dieser Form der Regelung hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, dass weiterlaufende Entgeltansprüche nicht mehr gesichert sind, wenn ein Arbeitsverhältnis erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens und dem Wiedererlangen der freien Verfügung des Schuldners über sein restliches Vermögen aufgelöst wird, auch wenn sie teilweise noch als unbeglichene Masseforderungen in die Zeit der Insolvenz zurückreichen, aber noch nicht fällig waren.

SACHVERHALT

Der Kl war von 1.4.2015 bis zur einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses am 28.6.2016 bei einer GmbH beschäftigt. Am 22.2.2016 wurde 17 über das Vermögen der AG ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. Die Berichtstagsatzung fand am 18.4.2016 statt. Während des Insolvenzverfahrens lag keine Masseunzulänglichkeit vor. Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 30.5.2016 wurde der am 9.5.2016 angenommene Sanierungsplan der AG bestätigt und das Sanierungsverfahren aufgehoben. Der Kl befand sich von 21.3. bis 27.6.2016 im Krankenstand. Er hatte Anspruch auf volle Entgeltfortzahlung bis 2.5.2016, daran anschließend Anspruch auf Fortzahlung des halben Entgelts bis 2.6.2016. Von der bekl IEF-Service GmbH wurde dem Kl Insolvenz-Entgelt für die Zeit von 1.2. bis 22.2.2016 samt anteiligen Sonderzahlungen vom 1.1. bis 22.2.2016 zuerkannt. Am 18.7.2017 wurde ein neuerlicher Insolvenzeröffnungsantrag gegen die AG mangels kostendeckendem Vermögen abgewiesen. Der Kl stellte daraufhin am 13.9.2017 einen weiteren Antrag auf Gewährung von Insolvenz-Entgelt für den Zeitraum von (ursprünglich) 1.4. bis 28.6.2016 samt anteiligen Sonderzahlungen von 23.2. bis 28.6.2016. Die IEF-Service GmbH sprach lediglich Insolvenz-Entgelt für den Zeitraum von 1.6. bis 2.6.2016 sowie für den 28.6.2016 samt anteiligen Sonderzahlungen zu. Die restlichen Ansprüche wurden abgelehnt.

Die Klage richtet sich gegen den teilabweisenden Bescheid der Bekl. Nach Einschränkung begehrte der Kl zuletzt die Entgeltfortzahlung vom 1.5. bis 30.5.2016 sowie anteilige Sonderzahlungen vom 23.2. bis 30.5.2016, samt Zinsen. Diese Ansprüche seien dem Kl infolge Aufhebung des Sanierungsverfahrens vom Insolvenzverwalter nicht mehr bezahlt worden. Eine Geltendmachung der Forderungen im Sanierungsverfahren sei mangels Fälligkeit noch nicht möglich gewesen. Die Bekl wandte Verfristung des Anspruchs ein. Der Kl wäre imstande gewesen, die strittigen Forderungen bereits aufgrund des Sanierungsverfahrens innerhalb der Frist des § 6 Abs 1 IESG als Insolvenz-Entgelt zu beantragen. Nach dieser Regelung komme es nur auf das Entstehen der Ansprüche, nicht aber auf deren Fälligkeit an. Der spätere Eintritt eines weiteren Insolvenztatbestands eröffne nicht die Möglichkeit, bereits verfristete Ansprüche neuerlich geltend zu machen.

VERFAHREN UND ENTSCHEIDUNG

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel des Kl Folge und sprach ihm mittels Teilurteils € 689,- an Entgeltfortzahlung für Mai 2016 zu. Im Übrigen hob es die Entscheidung des Erstgerichts zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Nach Ansicht des Berufungsgerichts sei es dem Kl im Rahmen des Sanierungsverfahrens nicht möglich gewesen, einen Antrag auf Insolvenz-Entgelt für das im Mai 2016 fortzuzahlende Entgelt zu stellen, da die gesetzliche Sicherung mit der Berichtstagsatzung geendet habe. Die Frist des § 6 Abs 1 IESG sei daher nicht ausgelöst worden. Das Gleiche gelte auch für die Sonderzahlungen, soweit sie auf den Zeitraum nach der Berichtstagsatzung entfallen seien. Der vor der Berichtstagsatzung erworbene Anspruchsteil wäre hingegen bereits aufgrund des Sanierungsverfahrens gesichert gewesen und seine Geltendmachung daher verfristet. Zur periodengerechten Aufschlüsselung der lediglich pauschal begehrten Sonderzahlungen sei noch eine Verfahrensergänzung erforderlich. Das Berufungsgericht erklärte die Revision gegen das Teilurteil und den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss für zulässig, da eine höchstgerichtliche Rsp zur Frage, ob während des Insolvenzverfahrens entstandene Masseforderungen, die wegen erst später eintretender Fälligkeit gegenüber der Bekl nicht mehr geltend gemacht werden können, bei Eintritt eines neuerlichen Insolvenztatbestands zu einem späteren Zeitpunkt gesichert seien, fehle. Der OGH bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts.

ORIGINALZITATE AUS DER ENTSCHEIDUNG

„1. Zur Revision:

Insolvenz-Entgelt gebührt nach § 3a Abs 1 IESG für das dem Arbeitnehmer gebührende Entgelt einschließlich der gebührenden Sonderzahlungen, das in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag gemäß § 3 Abs 1 IESG oder, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag geendet hat, in den letzten sechs Monaten vor dem arbeitsrechtlichen Ende fällig geworden ist.

Nach § 3a Abs 2 Z 5 IESG gebührt Insolvenz-Entgelt bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses als Ausfallshaftung, wenn nach der Berichtstagsatzung oder – findet keine solche statt – nach Ablauf des Zeitraums nach § 3a Abs 5 oder 6 bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens der Arbeitnehmer infolge der ersten nicht vollständigen Zahlung des ihm zukommenden Entgelts (ausgenommen Sonderzahlungen und bestrittene Ansprüche) wegen der ungebührlichen Schmälerung oder Vorenthaltung des gebührenden Entgelts seinen berechtigten vorzeitigen Austritt erklärt oder das Arbeitsverhältnis aus anderen Gründen gelöst wird.

Nach § 3a Abs 4 IESG besteht Anspruch aufgrund der Ausfallshaftung nur dann und insoweit, als der zuständige Verwalter entweder schriftlich erklärt, dass die Insolvenzmasse bzw der Arbeitgeber zur Zahlung nicht oder nicht vollständig in der Lage ist, oder wenn er dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit nach § 124a IO angezeigt hat.

Die Einschränkung des Anspruchs auf eine Ausfallshaftung soll sicherstellen, dass Arbeitsverhältnisse nach der Berichtstagsatzung entweder – wenn nach § 25 IO möglich – aufgelöst werden, oder aber bei fortdauernden Arbeitsverhältnissen die Arbeitnehmer tatsächlich beim ersten Entgeltrückstand umgehend den Austritt erklären, um keine weitere Belastung des Fonds mit laufenden Entgelten zu verursachen. Die Austrittsobliegenheit 18 verfolgt den Zweck, dass die Fortführung des Unternehmens trotz weiterer Zahlungsschwierigkeiten nicht mehr zu Lasten des Insolvenz-Entgeltfonds gehen soll (Gahleitner in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 3a IESG Rz 7).

Die Beklagte argumentiert in ihrer Revision zusammengefasst, dass während eines laufenden Insolvenzverfahrens entstandene Dienstnehmeransprüche nicht aufgrund von zwei verschiedenen Insolvenztatbeständen gesichert sein dürften.

Bis zur Änderung des § 3a Abs 2 Z 5 IESG durch die IESG-Novelle 2010 habe sich der Sicherungszeitraum nach dieser Bestimmung sogar bis zum Ende des Erfüllungszeitraums eines Zwangsausgleichs erstreckt.

Folge man der Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Geltendmachung der Klagsforderung hier im ersten Insolvenzverfahren der Arbeitgeberin überhaupt noch nicht möglich gewesen wäre, dann sei von einer Gesetzeslücke auszugehen. Diese sei durch teleologische Reduktion des § 3a Abs 2 Z 5 IESG dahingehend zu schließen, dass das normierte Erfordernis der Ausfallshaftung zu entfallen habe. Es erscheine sachlich nicht gerechtfertigt, dass zwar die erste offene Gehaltszahlung bis zur nächsten Fälligkeit gesichert werde, ein noch nicht fälliges unbezahltes Gehalt aber nicht. Es sei dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen, dass er solche Entgeltausfälle, die im Vergleich zum ausdrücklich geregelten Fall geringer wären, nicht sichern habe wollen.

Dieser Auslegung steht jedoch entgegen, dass der Gesetzgeber die Regelung der Ausfallshaftung nach § 3a Abs 2 Z 5 und Abs 4 IESG ausdrücklich nicht nur an die Tatsache der Zahlungsunfähigkeit der Masse, sondern zusätzlich an ihre formelle Deklaration durch den zuständigen Verwalter gegenüber der Beklagten oder dem Insolvenzgericht geknüpft hat.

Die Revision führt für ihren Standpunkt auch ins Treffen, dass das Ende des Arbeitsverhältnisses nach § 3a Abs 2 Z 5 IESG nicht zwingend in der Insolvenz liegen müsse. Diese Auffassung lässt sich mit dem Gesetzeswortlaut ‚[…] wenn nach der Berichtstagsatzung [...] bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens […] das Arbeitsverhältnis […] gelöst wird‘ nur vereinbaren, soweit damit das rechtliche Ende nach Ablauf einer Kündigungsfrist gemeint ist. Die Auflösungserklärung oder -vereinbarung muss nach dem Wortlaut aber jedenfalls während des Insolvenzverfahrens gelegen sein, um ihm noch zugerechnet werden zu können.

Mit dieser Form der Regelung hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, dass weiterlaufende Entgeltansprüche nicht mehr gesichert sind, wenn ein Arbeitsverhältnis erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens und dem Wiedererlangen der freien Verfügung des Schuldners über sein restliches Vermögen aufgelöst wird, auch wenn sie teilweise noch als unbeglichene Masseforderungen in die Zeit der Insolvenz zurückreichen, aber noch nicht fällig waren. Für die These der Revision, dass es sich hiebei um eine unbeabsichtigte Regelungslücke handeln würde, lassen sich keine ausreichenden Anhaltspunkte finden.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde erst nach Aufhebung des Sanierungsverfahrens einvernehmlich beendet. Das Berufungsgericht ist daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass seine offenen Entgeltansprüche nicht mehr durch die Ausfallshaftung gesichert waren und daher auch nicht der Antragsfrist nach § 6 Abs 1 IESG unterlagen. Insolvenz-Entgelt für diese Ansprüche konnte erst aufgrund der neuerlich eingetretenen Insolvenz der Arbeitgeberin geltend gemacht werden. […]

2. Zum Rekurs:

Der Kläger stellt in seinem Rechtsmittel nicht in Frage, dass es sich bei dem bis zur Berichtstagsatzung im Sanierungsverfahren entstandenen aliquoten Sonderzahlungsanspruch um einen aufgrund dieses Insolvenzverfahrens gesicherten Anspruch gehandelt hat und dass er dafür die Antragsfrist nach § 6 Abs 1 IESG versäumt hat. Der Revisionswerber vertritt aber den Standpunkt, dass diese Umstände einer neuerlichen Geltendmachung des Anspruchs aus Anlass des neuerlichen Insolvenztatbestands in seinem Fall nicht entgegenstünden. Er begründet dies mit der Überlegung, dass die bisher zu dieser Rechtsfrage ergangene höchstgerichtliche Judikatur (8 ObS 328/98p, 8 ObS 111/02k) immer Fälle betroffen habe, in denen eine neuerliche Antragstellung missbräuchlich erschienen sei oder gesetzliche Befristungen umgehen habe wollen. Diese Rechtsprechung sei aber in seinem Fall nicht einschlägig, weil der Kläger seinen Sonderzahlungsanspruch nach dessen Fälligkeit aufgrund der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses unverzüglich beim Arbeitgeber geltend gemacht habe. Eine Missbrauchs- oder Umgehungsabsicht könne ihm nicht angelastet werden.

Dem ist entgegenzuhalten, dass gemäß § 6 Abs 1 IESG alle gesicherten Ansprüche im Sinne des § 1 Abs 2 IESG, die innerhalb der Fristen des § 3a Abs 2 und 3b IESG entstanden sind, bei sonstigem Ausschluss innerhalb der 6-Monats-Frist ab dem Ereignis nach § 1 Abs 1 IESG geltend zu machen sind. Die Rechtsfolge des Ausschlusses ist notwendig, um die Wirksamkeit der Frist zu gewährleisten, weil sie andernfalls durch wiederholte Insolvenzeröffnungsanträge einfach umgangen werden könnte (9 ObS 15/93= WBl 1993, 327 = RdW 1993, 375; 8 ObS 328/98p; 8 ObS 111/02k).

Nach der Rechtsprechung normiert § 6 Abs 1 IESG eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist (RIS-Justiz RS0077526). Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es für den Eintritt der Rechtsfolgen des Fristversäumnisses nicht auf die Motive an, die zur Fristversäumnis geführt haben.

Auf berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht der Fristversäumnis im Sinne des § 6 Abs 1 letzter Absatz IESG hat sich der Kläger in erster Instanz nicht berufen.

Unabhängig von der Unzulässigkeit der Geltendmachung neuer Rechtsgründe im Revisionsverfahren 19 lägen aber weder die in § 6 Abs 1 IESG beispielsweise genannten Umstände vor, noch könnte im vorliegenden Fall die Komplexität der Rechtslage als ein der rechtzeitigen Antragstellung entgegenstehendes erhebliches Hindernis angesehen werden. Der Kläger war schon ab Beginn des Sanierungsverfahrens qualifiziert im Sinne des § 40 Abs 1 Z 2 ASGG vertreten. Es hätte genügt, die Möglichkeit eines gesicherten Anspruchs in Betracht zu ziehen, um einen Antrag zu stellen. Eine umfassende rechtliche Analyse wäre dazu von Seiten des Antragstellers nicht erforderlich gewesen.“

ERLÄUTERUNG

Kommt es nicht bald nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu einer Schließung des Unternehmens, ist abzuwarten, welche Beschlüsse vom Insolvenzgericht in der Berichtstagsatzung getroffen werden. Wird beschlossen, das Unternehmen fortzuführen, steht den AN kein spezifisch insolvenzbedingtes Austrittsrecht nach § 25 IO zu. Die Entgeltansprüche der AN sind im Falle der Unternehmensfortführung durch die Ausfallshaftung des Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF) bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens gesichert, sollte der Insolvenzverwalter das laufende Entgelt nicht mehr bezahlen können.

Gem § 3a Abs 2 Z 5 IESG gebührt Insolvenz-Entgelt bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses als Ausfallshaftung, wenn der AN nach der Berichtstagsatzung oder – findet keine solche statt – nach Ablauf des Zeitraums nach § 3a Abs 5 oder 6 bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens infolge der ersten nicht vollständigen Zahlung des ihm zukommenden Entgelts (ausgenommen Sonderzahlungen und bestrittene Ansprüche) wegen der ungebührlichen Schmälerung oder Vorenthaltung des gebührenden Entgelts seinen berechtigten vorzeitigen Austritt erklärt oder das Arbeitsverhältnis aus anderen Gründen gelöst wird.

Das IESG sieht somit eine Austrittsobliegenheit der AN vor. Das bedeutet, die AN sind verpflichtet, bei der ersten Nichtbezahlung des fälligen Entgeltes – nach Setzung einer angemessenen Nachfrist – das Arbeitsverhältnis berechtigt vorzeitig aufzulösen. Reagieren die AN nicht unverzüglich, sind die Ansprüche auf laufendes Entgelt nur in dem Ausmaß gesichert, in dem sie entstanden wären, wenn die AN in Folge der ersten nicht vollständig erfolgten Zahlung ausgetreten wären. Bei der Beurteilung der Frage der Sicherung der offenen Entgeltansprüche wird also ein hypothetischer Austritt zugrunde gelegt. Die Beschränkung der Sicherung jener Lohnansprüche, die erst nach der Berichtstagsatzung entstehen, auf eine bloße Ausfallshaftung, soll gewährleisten, dass die Fortführung des Unternehmens nicht zu Lasten des IEF erfolgt.

Anspruch auf Insolvenz-Entgelt aufgrund der Ausfallshaftung besteht nach § 3a Abs 4 IESG jedoch nur dann und insoweit, als der Insolvenzverwalter entweder schriftlich gegenüber der IEF-Service GmbH erklärt, dass die Insolvenzmasse zur Zahlung nicht oder nicht vollständig in der Lage ist, oder er dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit nach § 124a IO angezeigt hat.

Die Ausfallshaftung des IEF kommt nach Ansicht des OGH jedoch nur dann zum Tragen, wenn die Auflösungserklärung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch während des Insolvenzverfahrens – und nicht erst nach dessen Aufhebung – erfolgt ist. Der Gesetzgeber habe in Kauf genommen, dass Entgeltansprüche nicht mehr gesichert sind, wenn das Arbeitsverhältnis erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens aufgelöst wird, auch wenn diese Ansprüche teilweise noch als unbeglichene Masseforderungen in die Zeit des Insolvenzverfahrens zurückreichen, aber noch nicht fällig waren.

Im vorliegenden Fall wurde das Arbeitsverhältnis des Kl erst nach Aufhebung des Sanierungsverfahrens einvernehmlich beendet. Das Berufungsgericht ist daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die offenen Entgeltansprüche des Kl ab der Berichtstagsatzung nicht mehr durch die Ausfallshaftung gesichert sind und daher nicht der Antragsfrist nach § 6 Abs 1 IESG – bezogen auf das Sanierungsverfahren – unterliegen. Insolvenz-Entgelt für diese Ansprüche kann erst aufgrund der neuerlich eingetretenen Insolvenz der AG erfolgreich geltend gemacht werden.

Anders verhält es sich jedoch mit jenen anteiligen Sonderzahlungen, die vom Zeitpunkt der Eröffnung des Sanierungsverfahrens bis zur Berichtstagsatzung angewachsen sind. Diese Ansprüche sind gem § 3a Abs 2 Z 1 IESG unbedingt – dh ohne die speziellen Voraussetzungen der Ausfallshaftung – durch den IEF gesichert.

Gem § 6 Abs 1 IESG sind alle gesicherten Ansprüche, die innerhalb der Fristen des § 3a Abs 2 und 3b IESG entstanden sind, bei sonstigem Ausschluss innerhalb von sechs Monaten ab dem Insolvenzstichtag – bei einer nachfolgenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab dessen Beendigung – bei der IEF-Service GmbH geltend zu machen. Somit hätten jene Sonderzahlungsansprüche, die von der Eröffnung des Sanierungsverfahrens bis zur Berichtstagsatzung angewachsen sind, innerhalb von sechs Monaten ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der IEF-Service GmbH beantragt werden müssen. Der Kl hat diese Antragsfrist jedoch versäumt. Auf das Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe, die eine Nachsicht von der Fristversäumnis rechtfertigen würden, hat er sich nicht berufen. 20

Nach Ansicht des OGH normiert § 6 Abs 1 IESG eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Der Ablauf der Antragsfrist kann somit nicht durch wiederholte Insolvenzeröffnungsanträge umgangen werden.